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Donnerstag, 17. Juli 2014

Sascha Arango - Die Wahrheit und andere Lügen

Die Wahrheit und andere Lügen

Sascha Arango

von Caroline Schultz

Liebe Leser,

bis zu dem Tag, als mir auf der Buchmesse dieser Titel in die Hände geriet, hatte ich noch kein Sterbenswörtchen von diesem Autor gehört oder gelesen. Allein der skurrile Titel machte mich so neugierig, dass ich um ein Rezensionsexemplar bat. Das astreine neue Buch, welches der Verlag mir schickte, landete jedoch dann ungeplant in meinem Lostopf für den 'Welttag des Buches'. Versprochen ist versprochen, so dass sich dann auch ein glücklicher Gewinner über das Buch freuen durfte.
Aber!! Der Zufall kullerte mir ein zweites Mal ein druckfrisches Leseexemplar über den Weg - und da wusste ich, an der Geschichte muss ich dran bleiben!

Das Buch dreht sich um Henry, einen erfolgreichen Bestsellerautoren. Was so nicht stimmt, denn eigentlich ist Henry ein Hochstapler. Seine Frau Martha schreibt wie eine besessene Nacht für Nacht hochkarätige Romane, die Henry unter seinem Namen veröffentlicht. Die Bücher ermöglichen ihm einen luxuriösen Lebensstil und auch manchen Spielraum für Eskapaden. 

Henry sorgt sich liebevoll um seine Frau Martha, mit der er sehr abgeschieden lebt. Er kocht täglich frisch für sie, kümmert sich um Haus und Hof und hält alle lästigen Alltagsarbeiten von ihr fern. Doch eines Tages gerät er in eine verzwickte Lage: Seine Lektorin und Langzeitgeliebte Betty erwartet ein Kind von ihm. Während er noch überlegt, wie er diesen misslichen Umstand seiner Ehefrau beichten soll, beschließt er, statt dessen doch lieber die Geliebte aus dem Weg zu räumen. Dummerweise übersieht er dabei eine wichtige Tatsache und begeht einen folgenschweren Fehler.

Henry ist ein Mann um die 50, wie es ihn zu Tausenden geben mag. Allerdings ist unser Romanheld ein sehr geheimnisumwobenes und gewitztes Exemplar, das in dieser Verstellungsgeschichte rabenschwarzen Humor versprüht. Seine Vergangenheit liegt im Verborgenen, ebenso wie die Wahrheit, die er mit niemandem teilt.
Eigentlich scheint unser Held gar nicht so übel, doch dann verhält er sich plötzlich so eiskalt und abgebrüht, dass der Leser innerlich zusammenzuckt. Aber der Autor schreibt seiner Figur auch ein  vordergründiges moralisches Gewissen zu, lässt ihn verantwortungsbewusst handeln bevor das gigantische Ego des Henry Hayden wieder zuschlägt. Über sich selbst denkt Henry:

Ursächlich für seine Lügen, sei lediglich der Umstand, dass das Leben ihn gelehrt habe, die Wahrheit aus seinem Munde nicht funktioniere nicht.

Seine harmonisierende sanfte Seite, die gute Seele des Henry, scheint wie ein Gegenpol zu seiner kalkulierten skrupellosen Vorgehensweise. Doch bei genauerer Betrachtung sind auch seine vermeintlich guten Handlungen geschickte Winkelzüge die ihm Vorteile erbringen.

Ein Marder hat sich auf dem Dachboden von Henrys und Marthas Haus eingenistet. Der Marder soll weg, weil er Martha beim Schreiben stört, doch im Laufe der Geschichte wird die Jagd auf das Tier mehr und mehr zu einem Kampf gegen einen Dämon. Einen Dämon, den Henry eigentlich in sich selbst trägt. Der Marder entfesselt destruktive Kraft in Henry. Doch vor allem ist die Jagd auf den Marder eine Abbitte für sein unverzeihliches Vergehen.

Vor meinem inneren Auge entwickelte sich die Geschichte zunächst anschaulich und grotesk wie ein dahergelaufener ZDF Mehrteiler. Doch schnell war ich gepackt von den Verwicklungen, Spuren und brisanten Situationen, den losen Enden der Morduntersuchung, den Schatten aus der Vergangenheit. "Ahnst Du wie es ausgeht?"

Der Autor verwendet Sprache wie normale Menschen Salatöl - extra vergine, sie fließt, ist geschmeidig, klar und von bester Qualität. Die Geschichte hat ein frisches Aroma wie Küstenwind, liest sich luftig leicht und mit einem Schmunzeln über jede Menge bitterböser Seitenhiebe. Doch der Inhalt ist weit entfernt davon als "Leichte Kost" eingestuft zu werden. Es ist ein Werk von gesellschaftlicher Relevanz, voller Sprachgewandtheit und soziologisch punktgenauer Beobachtungen, ein Buch, dass ich aufbewahre und in Passagen wieder lesen werde.


Caroline Schultz







Sonntag, 18. Mai 2014

Funny Girl - Anthony McCarten

"Funny Girl" klingt nach einem lustigen Buch, und damit liegt der Leser auch absolut richtig. Aber das Buch bietet sehr viel mehr. Jeder, der schon mal einen Roman von Anthony McCarten lesen durfte, erwartet zu recht eine substantiell gute Geschichte. Mit der Besprechnung dieses Exemplares habe ich mir diesmal ungeplant viel Zeit gelassen, da ein komplexes gesellschaftspolitisches Thema in ihm steckt.

Ungewöhnlich einprägsam präsentiert sich der minimalistisch designete Diogenes-Buchdeckel: Ein weibliches Augenpaar umrahmt von einer zweifarbig angedeuteten Burka. Der Titel funny girl und Buchcover in dieser Kombination machen stutzig und aufmerksam. Und das ist sicher auch so gewollt. Denn es geht in diesem Roman um die Gegensätze zwischen zwei Kulturen. Ein Thema, das keineswegs neu ist. Doch Anthony McCarten bedient sich einer einmaligen Herangehensweise und betritt mit diesem mutigen, einfühlsamen und humorvollen Roman wirkliches Neuland.

Die Romanheldin Azime, eine junge kurdische Frau, aufgewachsen in Green Lanes (London) sieht sich als waschechte Britin, so wie ihre ganze Familie. Mit 20 Jahren wohnt Sie aber immer noch bei Ihren Eltern, arbeitet im väterlichen Möbelladen und hat keinerlei Aussicht vor der Heirat ein eigenes Leben anzufangen. Der starke Zusammenhalt der kurdischen Gemeinschaft hält Azime in diesem kleinen Winkel Londons fest. Gern möchte sie dieser Statik entkommen. Durch Zufall gerät die junge Kurdin in einen Comedykurs und findet heraus, dass Ihre Leidenschaft für Lachen und Komik, ihr Talent zum Witze erzählen neue Perspektiven in ihrem Leben eröffnet.

"Azime schwebte auf einer Wolke von Optimismus und mit dem Gefühl ungeahnter Möglichkeiten nach Hause. Die Straßen kamen ihr plötzlich gar nicht mehr so schmutzig vor, die Menschen heiterer, weniger unzugänglich."



*
"Azime kam auf die Bühne, und die Leute japsten hörbar, als sie 
sahen, dass sie eine Burka trug - von Kopf bis Fuß in diese Gewand eingehüllt war, so dass nichts von ihr zu sehen gewesen wäre, wären da nicht die beiden rechteckigen Ausschnitte für die schwarz getuschten Augen gewesen, Augen, die zu fast jeder verängstigten jungen Frau hätten gehören können,.."


Doch ihre Familie ist keineswegs begeistert und bald wendet sich fast die gesamte islamische Gemeinschaft gegen Azime. Selbst Morddrohungen bleiben nicht aus. Aber die junge Kurdin erkennt ihr Recht auf Selbstbestimmung und hinterfragt ihre eigenen Möglichkeiten und die Schicksale anderer muslimischer Freundinnen. Dabei geht sie auch dem mysteriösen Todesfall einer muslimischen Schulkameradin nach.

Anfangs droht die eigene Familie zu zerbrechen, doch der Widerstand ihrer Eltern bröckelt immer mehr, gegenseitiges Verständnis wächst und verwandelt sich in Unterstützung. Mutter, Vater, Bruder, kleine Schwester und Azime, machen im Laufe der Handlung eine interessante charakterliche Entwicklung durch. Zwischen Comedy-Schule, Familienstress, Morddrohungen und der Abfuhr lästiger Heiratskandidaten, lernt McCartens Heldin erst ihren besten Freund Deniz besser kennen und dann sich selbst.

Dem Autor gelingt es meisterlich alle Facetten und gedanklichen Haltungen in diesem soziokulturellen Roman herauszuarbeiten. Er provoziert und vermittelt zugleich. Zwischen den kulturellen Welten eröffnet er ein neues Fenster für gegenseitiges Verstehen und Respekt. Dabei versäumt er nicht mit Hilfe dieser "Heldinnengeschichte" die Rechte der Frauen einzuklagen sowie Gewalt und Unterdrückung gegen Frauen klar zu verurteilen. Der Roman ist ein wunderbares Plädoyer für eine tolerante und vielfältige moderne und gleichzeitig traditionelle Gesellschaft.

Die Handlung ist in einer klaren, schönen Sprache erzählt. Ohne Firlefanz, aber anschaulich geschildert und mit Hilfe authentischer Dialoge und Monologe wächst der Leser mit jeder Zeile ein bisschen mehr in die beschriebene Gesellschaft hinein. 

Der ganze Roman ist von Anfang bis Ende von einem dichten Spanungsgeflecht durchzogen. Absolut fesselnd! Ich habe das Buch in einem Rutsch verschlungen. 
Von ganzem Herzen gebe ich diesem Kultur-Comedy-Spanungs Roman eine klare Leseempfehlung! Ein Leseerlebnis und ein Gewinn für jedes Bücherregal.

Fakten zu Anthony McCarten
Der aus Neuseeland stammende Schriftsteller, Bühnen- und Drehbuchautor wurde 1961 in New Plymouth geboren und lebt heute überwiegend in London. International bekannt wurde er (gemeinsam mit Stephen Sinclair) mit dem Theaterstück "Ladies Night".Doch auch einem großen Romanpublikum ist McCarten vertraut. Bekannte Bücher von ihm sind z.B. "Englischer Harem" und "Superhero".Seine Romane sind im Diogenes Verlag erschienen.



Liebe Leser, hinterlasst mir einen Kommentar. Schreibt mir Eure Meinung.

Bis bald Eure


Caroline Schultz











Sonntag, 30. März 2014

Ein Medien-Manger auf den Spuren der Weiblichkeit: DIE FRAU IN MIR von Christian Seidel


(C) Random House
Die Zeit titelt diese Woche: "Der Mann von heute - Er darf über sich selber lachen. Im Testosteron baden. Zum Therapeuten laufen, sogar eine Chefin haben: Wann ist Mann noch ein Mann?" 

Die Reihe der möglichen Neuerungen in einem Männerleben lässt sich beliebig erweitern. Der Mann von heute - Christian Seidel - geht auf die Suche nach seiner inneren Frau. Ein Experiment das polarisiert. Die einen macht es neugierig, die anderen verunsichert es, viele stößt es ab. Doch auf jeden Fall ist es nicht immer ganz einfach zu verstehen.

Christian Seidel ist ein bekannter Unternehmer  in einer Männer dominierten Medienwelt . Als Filmproduzent hat er sich einen Namen gemacht, drüber hinaus auch als Journalist, Autor und Berater. Die Vielfalt seiner Projekte zeichnen ihn als explorativen Charakter aus, der sich immer wieder neuen Herausforderungen stellen will.

Dem verheiratetem Journalist geht die klassische Männerrolle auf den Keks. So sieht er sich selbst als Neo-Macho in einer Welt voll weiterer Neo-Machos, die alle unter dem Zwang leben, ein gewisses Männerideal erfüllen zu müssen.  Dabei scheint ihm, immer ein Teil zu fehlen, wie ein herausgeschnittenes Kuchenstück in einer ganzen Torte. Weil ihm die Welt der Frauen so viel heller und freundlicher scheint, begibt er sich dort auf die Suche. Auf die Suche nach seiner Weiblichkeit, auf die Suche nach seiner inneren Frau. 

Seine 'Privatrevolution' führt ihn durch ein komplettes Umstyling: Falsche Brüste, BH, Perücke, Damenkleidung, Schuhe und jede Menge Kosmetik. In den Fachgeschäften begegnen ihm andere Männer, die aus Transsexualitäts- oder Fetischgründen dort einkaufen. Meistens anonym.  Doch Versteck spielen will Christian nicht, er will in die Öffentlichkeit damit das Experiment gelingen kann. Als seine Frau davon erfährt ist sie schockiert. Sie hat doch einen "Mann" geheiratet und fürchtet gravierende Beziehungsprobleme.

Als "Christiane" besucht er  Laufkurse für High Heels, Damenkränzchen und sogar einen Frauenarzt. Der Arzt gibt ihm bei dieser Gelegenheit eine anschauliche Lehreinheit über den üblichen Verlauf eines Gynäkologenbesuches und die biologischen Vorgaben eines echten weiblichen Körpers.

"Absurderweise fühle ich mich als Frau nicht verkleidet, sondern als wäre das normal für mich. Und als wäre ich von einem schweren Gewicht entlastet. Von dieser Männlichkeitsidentität."
"Und deswegen willst Du jetzt eine Frau sein?"
"Ich werde nie eine Frau sein können" erwiderte ich. "Ich bin ein Mann, dazu stehe ich auch. Aber was ich neuerdings erlebe, ist so überraschend und inspirierend. Ich will warten, bis diese Quelle versiegt oder mich nicht mehr interessiert."

Immer wenn Christian zu Christiane wird, erlebt er ein großes Gefühl der Entspannung. Endlich ist er den Zwängen des Mann seins entkommen und er findet Muße, die Männer aus seiner neuen weiblichen Abstandshaltung heraus zu beschreiben. Weibliche Leserinnen haben die Gelegenheit in diesen Passagen einiges über die Männerwelt herauszulesen. Eben diese Männerwelt begegnet ihm aber überwiegend mit Skepsis und unverholener Ablehnung. Viele Freunde sehen ihn als Spinner und wenden sich ab.
In der Welt der Frauen trifft Christiane auf weit größeres Verständnis und viel echtes Interesse.

Der Autor vermutet im Frau sein etwas "urgewaltiges", doch seine Freundinnen warnen ihn, die Frauen nicht zu sehr zu glorifizieren. Der Balanceakt zwischen den Geschlechtern gefährdet schließlich seine Ehe und seine gesamte Existenz und findet nach einem Jahr Rollenwechsel ein Ende.

Ich habe den Eindruck, dass Christiane die Welt der Frauen aus einer höchst oberflächlichen Perspektive erlebt. Sie erfährt zu wenig von Ihren wirklichen Schwierigkeiten in Gesellschaft und Beruf oder nimmt diese Aspekte des "Frau seins" erst gar nicht unter die Lupe. Christian Seidel schreibt wunderbar lebhaft und anschaulich, seine Passagen sind sehr reflektiert und gut nachvollziehbar. Doch auf der Suche nach der inneren Frau stehen mir persönlich die Äußerlichkeiten, wie Make up und Nagellack etwas zu sehr im Vordergrund.
Obwohl ich mir die Lektüre mit echtem Interesse ausgesucht habe, bleibe ich beim Lesen die ganze Zeit skeptisch. So richtig kann ich dem Autor seine experimentellen Beweggründe nicht abnehmen. Ganz ungewollt fühle ich jedoch heftig mit seiner Frau, die das ungewöhnliche Projekt ihres Mannes mit tragen muss.

Ein offenes und authentisches Sachbuch für alle, die sich gerne mit Inhalten zur Geschlechteridentität auseinandersetzen möchten.
Eure Caroline Schultz

Die Frau in Mir. Ein Mann wagt ein Experiment.
Paperback. Heyne Verlag.
Januar 2014
Preis:12,99 €



Christian Seidel (*1959) ist ein deutscher Autor, auch Schauspieler und Journalist. Im Zusammenhang mit seiner ehemaligen Tätigkeit als Filmproduzent, Medienunternehmer und Berater von Persönlichkeiten setzt sich Seidel in seinen Essays und Büchern im Kern mit dem Widerspruch zwischen Image und Wirklichkeit auseinander. Seidel beschäftigt sich intensiv mit fernöstlichen Philosophien, ist verheiratet und lebt in München und Italien.










Sonntag, 16. Februar 2014

Anziehungskraft - Guido Maria Kretschmer



Guido Maria Kretschmer
Anziehungskraft - Stil kennt keine Größe

(co) edel Verlag
Ich muss gestehen, dass ich erst kürzlich ein Fan der Fernsehsendung „Shopping Queen“ geworden bin und mir der Name Guido Maria Kretschmer erst seit ein paar Monaten wirklich ein Begriff ist. Doch gegen alle meine Vorurteile bezüglich dieser Art von Trash-TV, konnte der charmante Herr Kretschmer mit seinen fairen, lustigen und treffenden Kommentaren meine ungeteilte Aufmerksamkeit gewinnen. Als mir dann jüngst auch noch Guidos Buch in die Hände fiel, kannte ich kein Halten mehr. Das Buch musste ich haben. Denn meine Liebe zum Buch übersteigt meine Fernseh-Leidenschaft um ein Vielfaches. 

Inhaltlich verspricht Kretschmers Buch vor allem ein Ratgeber in Sachen Mode zu sein. Es soll Frauen jeglicher Statur dazu bringen, Frieden mit der eigenen Figur zu schließen und kenntnisreich die eigenen Vorzüge zur Geltung zu bringen. Doch tatsächlich bietet der Inhalt so viel mehr. Es ist eine kleine philosophische Reise in die Welt der Mode und zum eigenen Lebensgefühl, zu unserem ich, dass sich untrennbar mit unserer Kleidung verbindet.

aus dem Vorwort:

„Eleganz ist der letzte Luxus unserer Tage“

Der Tag, an dem wir uns für unser erstes allein ausgesuchtes Kleidungsstück entscheiden, ist der Anfang der Selbstbestimmung. Der Beginn der Wahrnehmung von der Kraft des textilen Ausdrucks, dem eigenen Style.“

In seinem Buch gibt Kretschmer Beispiele für verschiedene Körpertypen und spricht auch handfeste Empfehlungen darüber aus, was einem jeweiligen Frauentyp schmeichelt und günstig in Szene setzt. Seine Philosophie ist: Jede Frau kann toll aussehen, wenn Sie weiß, welche Schnitte, Formen und Stoffe am besten zu Ihrer Figur passen.
Daneben erlebt der Leser Einblicke in die Welt der Mode, schaut hinter die Kulissen eines Designerlebens und wird von den Geschichten rund um zahlreiche Frau „Meisenkaisers‘“ total verzückt.
Ich persönlich habe die Mode-Empfehlungen überblättert oder flüchtig überflogen, denn die eigentlichen Geschichten haben auf mich eine derart starke Sogwirkung ausgeübt, dass ich immer ganz schnell weiterlesen musste.
Jede dieser Geschichten endet mit einer Pointe oder Überraschung und ist dabei manchmal lustig, zauberhaft, anrührend, nachdenklich machend oder brüllend komisch.
Guidio Maria Kretschmer verfügt nicht nur über die Gabe Stoffe zu fließenden Kleiderträumen zu verarbeiten, nein er hat auch ein auffallendes sprachliches Talent und ohne Übertreibung kann ich sagen, sein Erzählstil ist eloquent und fließend wie Seide.
Ich möchte hier auf keinen Fall zu viel verraten, bitte selber lesen.

Ein wirklich herrliches „easy-reading Buch“, das unser Leben leichter und schöner macht.

Erschienen im Edel Verlag, Geb. Buch, Preis 17,95 €

Samstag, 1. Februar 2014

Kinotauglicher Lesestoff!! Der Actionthriller GHOSTMAN von Roger Hobbs

Ghostman - Roger Hobbs


Ein Geldtransporter-Überfall vor einem Casino in Atlantic City. Zwei Auftrags-Räuber erschießen die Wachleute und übernehmen einen Millionenbetrag. Soweit die unfehlbare Methode, mit der zwei Junkies das Geld für Ihren Drogenboss erbeuten sollen. Als ein dritter Schütze auftaucht, läuft der Überfall katastrophal aus dem Ruder: Einer der Täter wird getötet, der Andere flieht verletzt mit dem Geld.

(c) Goldmann Verlag
Auftraggeber Marcus Fairlan ist ein grausamer Mann der keine Fehler duldet. Zur Bereinigung des Schadens wendet Fairlan sich an den geheimnisvollen "Ghostman" einen Gauner ohne jede Identität, perfekt darin, Spuren zu verwischen und Verbrechen zu vertuschen. Ghostman, der sich gerne am Nervenkitzel berauscht, schuldet ihm noch einen Gefallen und begibt sich auf die Suche nach dem Flüchtigen und dem Geld. Doch es bleiben nur 48 Stunden bis die gesuchten Millionen durch einen Sprengsatz in die Luft fliegen.
Ghostman ist der Mann ohne Namen, doch als Leser erfährt man schnell, dass er das Gangster-Business von der Pike auf gelernt hat und mit allen Wassern gewaschen ist. Seine Branchenkenntnisse sind  tiefgreifend, gespickt mit fundiertem technischem Wissen. Roger Hobbs versteht es kunstgerecht diese Details äußerst anschaulich in die Handlung einzuflechten.  Der Effekt ist ein schneller Actionthriller mit Genre-Parallelen zu "Pulp Fiction" und "Oceans eleven".
Roger Hobbs, der in Hollywood bereits einen Namen als Drehbuchautor hat, erzählt cineastisch und lässt einen gut geschnittenen Kinofilm vor unserem "Inneren Auge" ablaufen.
Die Akteure entsprechen den gängigen Klischees und damit den Erwartungen die Leser üblicherweise an dieses Genre haben. Tiefgründige Charakter-Studien wird kein Leser finden und sind auch nicht notwendig.

Das Buchcover ist ein bisschen fad für meinen Geschmack und wird der guten und rasanten Story nicht gerecht. Ein wirkliches Männer-Buch, gute Unterhaltung und auf jeden Fall empfehlenswert.
Caroline Schultz

Hier geht's zum amerikanischen Buchtrailer:
http://www.youtube.com/watch?v=GQzq9teI_sI

Der deutsche Buchtrailer:
http://www.youtube.com/watch?v=gumK4KLjIIs

Über den Autor:
Quelle: Goldmann Verlag

Roger Hobbs

Roger Hobbs ist 24 Jahre alt und hat die Rohfassung seines ersten Romans "Ghostman" bereits fertiggestellt, als er noch zum College ging. 2011 schloss er sein Studium am Reed College erfolgreich ab; zu seinen Fächern zählten u.a. film noir, Literaturtheorie und Alte Sprachen.

Roger Hobbs hat unter anderem auf einem Schießplatz, als Radiomoderator und Sicherheitsmann gearbeitet. Derzeit schreibt er an der Fortsetzung seines Romans. Außerdem hat ihn Warner Bros. für ein weiteres Projekt als Drehbuchautor verpflichtet.

Hobbs lebt in Portland, Oregon und spielt zur Entspannung gern "Dungeons and Dragons".














Sonntag, 19. Januar 2014

Endlich als Taschenbuch! NULLZEIT von Juli Zeh

NULLZEIT von Juli Zeh

Der Auswanderer Sven hat sich als Tauchlehrer einen Lebenstraum auf Lanzarote verwirklicht. Ein ungleiches Paar: Jolante und Theodor werden seine neuen Tauchschüler. Jola ist eine junge und attraktive Schauspielerin, neben der Theo, der verstaubte alte Schriftsteller wie ein Vater und nicht wie ihr Geliebter scheint. Ganz alltäglich beginnt die bizarre Dreiecksgeschichte und mit ihr ein endloser Strudel aus Lügen, Amoral und Machtspielen um Leben und Tod.

"Jetzt sah ich es auch: Sie wirkten nicht wie Urlauber. Eher wie Models für eine Ferienreklame."..."Die halbe Ankunftshalle starrte sie an. Das Wort "Prachtexemplare" kam mir in den Sinn."

Nachdem Sven seine neuen Tauchschüler vom Flughafen abgeholt hat, bringt er sie zu ihrem Ferienhaus in Lahora, einem abgelegenen Ort auf der Insel. Hier lebt niemand außer Sven mit Antje, die sich um die Vermietung und alles Organisatorische kümmert. Sven wird seinen Tauchschülern in den nächsten vierzehn Tagen rund um die Uhr zur Verfügung stehen, wofür sie einen sehr ansehnlichen Geldbetrag vereinbart haben. Insgesamt ist er ein gutmütiger Typ, der sich auf eine einfältige Weise nur für sich selbst interessiert. Doch neuerdings interessiert er sich auch für Jola. Sven kann sich ihren Reizen nicht entziehen, obwohl es sein Grundsatz ist, professionellen Abstand zu seinen Kunden zu bewahren.
Jola ist der Star einer deutschen Telenovela doch schon bald wird sie zu alt für diese Rolle sein. Ihr Ziel ist es eine ernsthafte Filmrolle, die der Tauchpionierin Lotte Hass zu ergattern. Sie hat kein Interesse an Urlaub, ihr ehrgeiziger Plan ist es, das Tauchen professionell zu erlernen. Theo hingegen bleibt undurchsichtig, scheint über den Dingen zu stehen und schockiert gerne mit unerwarteter Direktheit.

Doch warum spielen Theo und Lola dieses Katz und Maus Spiel miteinander? Warum bringen sie sich immer wieder gegenseitig in Lebensgefahr? Zwischen Jolas Tagebuchseiten glaubt der Leser hierauf Antworten zu finden, allerdings vermischen sich Wahrheit und Lüge immer mehr, so dass der Leser bis zum Schluss im Ungewissen darüber bleibt, welches Gesicht die Wahrheit hat. 

"Als ich erfolglos versuchte das Tarierjacket mit Luft zu füllen, ahnte ich, was passiert war. Jola, die sich vor Lachen schüttelte, machte jede weitere Erklärung überflüssig. Sie hatte beim Hovering hinter ihn gegriffen und ihm das Ventil zugedreht."

In dem Sog dieser Beziehungen merkt Sven nicht, wie er immer weiter in Gefahr gerät und sich die Schlinge immer enger werdend auch um seinen Hals legt. Machtverhältnisse und Regeln verschieben sich, sobald die drei Taucher unter der Wasseroberfläche verschwinden. 

Juli Zeh ist eine Könnerin der guten Beobachtung und sprachlich klarer Beschreibungen. Schnörkellos aber eingängig baut sie mit jedem Meter Tauchtiefe und steigendem Umgebungsdruck einen kontinuierlichen und verstörenden Spannungsbogen. Das Gleiche gelingt ihr perfekt auch über Wasser, wo sie die Dramatik der Beziehungsgeflechte ausgestaltet.

Das Buch ist ein kleines Thriller-Juwel! Eine eindeutige Empfehlung an alle Leser von Spannungsliteratur. Ein Buch das ich rasant verschlungen habe.
Caroline Schultz



 http://www.julizeh.de/autorin/autorin.htm



Als Taschenbuch bei btb Verlag: 9,99 €

Freitag, 10. Januar 2014

Caro's Quickies - Kurze Buchkritik

Liebe Leser,

mein literarischer Speiseplan ist manchmal sehr gemischt und besteht nicht immer nur aus Neuerscheinungen. Den einen oder anderen Buchtitel gibt es schon länger und wurde auch schon viel besprochen. Kein Grund, um nicht doch noch einmal ein paar Worte darüber zu verlieren. Geografisch-literarisch bewegen wir uns diesmal zuerst nach Südafrika, anschließend Deutschland und den Abschluss macht Irland.





Viel Vergnügen.


***


Absolution (August 2013)  -  Patrick Flanery


Ein junger Journalist kehrt nach langer Zeit in seine Heimat Südafrika zurück. Er will an der Biografie einer bedeutenden südafrikanischen Schriftstellerin arbeiten. Beide sind sich schon einmal begegnet und Ihre Vergangenheit verbindet sie. Doch die Autorin will das nicht zugeben. Vorsichtig versuchen sich  Sam und Clare gegenseitig Informationen zu entlocken um die Lücken in Ihren eigenen Lebensgeschichten zu schließen.

Südafrika ist ein Thema, dass nach dem Tode Nelson Mandelas wieder stärker in den gesellschaftlichen Fokus gerückt ist. Der Umbau der Gesellschaft ist noch lange nicht abgeschlossen, wie die Leserschaft von Patrick Flanery auch in seinem Roman Absolution erfahren kann. Der Autor spielt mit Gegenwart und Vergangenheit und wagt Rückblicke in die Zeit der Apartheid. Durch die Augen der Hauptfiguren nimmt der Leser dabei einerseits eine distanziert beobachtende Haltung ein, andererseits ist er unmittelbar involviert. 

Ein Werk das auf jeden Fall in die Literatur-Ecke gehört aber dabei wirklich sehr gut lesbar und auch spannend geschrieben ist.
Caroline Schultz




***


Tschick (Feb.2011)  -  Wolfgang Herrndorf


Der 14-jährige Maik Klingenberg ist ein totaler Außenseiter und so unauffällig, dass selbst seine Schwärmerei für die Klassenschönheit Tatjana unentdeckt bleibt. Als Einziger wird er nicht zu Ihrer Geburtstagsparty eingeladen. Ebenso wenig wie Tschick, der russische Immigranten-Junge aus der Hochhaussiedlung. Tschick ist neu in der Klasse, ein 'Asi' und Maik kann ihn nicht leiden. Doch irgendwie ist Tschick auch cool und mit Beginn der Sommerferien steht Maik vor einer Entscheidung, soll er den Sommer allein in der elterlichen Villa verbringen? Oder soll er mit Tschick in einem geknackten Lada auf eine abenteuerliche Reise in die Walachei starten? Seine Mutter kuriert sich derweil in einer Entzugsklinik und sein Vater ist auf Geschäftsreise, so kann niemand die Jungs stoppen, als sie das Auto mit dem Nötigsten für Ihren irrwitzigen Roadtrip beladen, um Ihre ganz eigene Idee von Urlaub zu verwirklichen.
Das Buch erschien bereits 2010 und wurde mit zahlreichen Preisen (Jugendliteraturpreis 2011, Brentanopreis, Hans Fallada-Preis, Preis der Leipziger Buchmesse)  überschüttet und von der Presse gefeiert. Der Roman hat in der Tat jedes Lob verdient, die Handlung ist greifbar, megalustig und ein ganz ganz großes Ereignis. Eine absolut liebenswerte Geschichte über zwei sehr unterschiedliche Heranwachsende, die ihre Gemeinsamkeiten und richtige Freundschaft entdecken.
Es mag kaum Menschen geben, die Tschick noch nicht gelesen haben, für den Fall, dass es doch irgendwer versäumt hat, wird es höchste Zeit das nachzuholen! Ein unverzichtbares Buch.
Caroline Schultz

Lebenslauf Wolfgang Herrndorf
Blog Wolfgang Herrndorf

Wolfgang Herrndorf hat sich am Montag, den 26. August 2013 gegen 23.15 Uhr am Ufer des Hohenzollernkanals erschossen.

Herrndorf war 2010 unheilbar an einem Gehirntumor erkrankt.
Sein Tagebuch ist nun unter dem Titel: Arbeit und Struktur beim
Rowohlt Verlag erschienen.



***


Nichts für Anfänger (August 2013) - Kevin Maher


Zu Anfang dachte ich, dieses Buch kann ich überhaupt niemandem empfehlen, weil es so gnadenlos "Kein Blatt vor den Mund" nimmt. 

Kevin Maher erzählt erbarmungslos und ungeschönt, die Geschichte des adoleszierenden Jim Finnegan, in einem total rückständigen Irland der 80er Jahre. Jim hat fünf Schwestern und auch sonst ist sein Leben voller Schwierigkeiten und Katastrophen. Ein pädophiler Priester macht ihm das Leben zur Hölle, sein Vater erkrankt schwer, seine erste große Liebe gerät in eine aussichtslose Krise. Aber dies ist die Geschichte von Jim Finnegan, der sich nicht unterkriegen lässt. Egal wie unbarmherzig ihn das Schicksal erwischt, es gibt immer eine Wendung die es möglich macht, dem Leben die wahrhaftigen und schönen Seiten abzuringen.

Kevin Maher erzählt das alles auf eine tragikomische Weise welche den Leser anrührt und noch lange nachhallt. Ein wirklich schönes Buch für alle Leser, die sich gerne auf wendige, skurrile Romane einlassen und vor klaren Ausdrucksweisen nicht zurückschrecken.
Caroline Schultz

Montag, 2. Dezember 2013

Der Ruf des Kuckucks - The Cuckoo's Calling

The Cuckoo’s Calling – Der Ruf des Kuckucks

von Robert Galbraith (alias J. K. Rowling)
Mit freundlicher Genehmigung von Random House

Eine restlos überzeugende Geschichte und ein absoluter
Genuss.

Ein erfolgreiches junges Model stürzt an einem eisigen, verschneiten Wintertag vom Balkon ihrer Londoner Luxuswohnung in den Tod.
Mit spektakulären Bildern berichtet die britische Regenbogenpresse umgehend live vom Tatort. Unter dem Auge und dem Druck der Öffentlichkeit kommen die Beamten von Scotland Yard innerhalb weniger Wochen zu dem Ergebnis, dass die bekanntermaßen depressive junge Frau einen eindeutigen Selbstmord begangen hat.

Drei Monate später lässt das Ereignis den trauernden Bruder immer noch nicht los. Überzeugt davon, seine Schwester „Lula“ sei das Opfer eines perfiden Mordes, entert der Anwalt eines Morgens das Büro des eigentümlichen Privatdetektives Cormoran Strike und beauftragt ihn eine Morduntersuchung vorzunehmen.
Strike, ein ehemaliger Soldat der in Afghanistan ein Bein verlor, befindet sich in einer ernsten finanziellen Zwangslage und nimmt den Fall trotz großer Zweifel an. Das Privatleben des Detektives ist aktuell ein riesiger Scherbenhaufen, doch er ist ein originärer Typ mit Charakter und Geschichte und beweist bei den Ermittlungen Nerven und messerscharfen Verstand.
Ein echtes Schätzchen ist auch seine Sekretärin Robin, die ihm durch eine Vermittlungsstelle für temporäre Jobs, unerwartet ins Büro geschickt wird.
Robin erweist sich nicht nur als versierte Bürokraft, sie ist auch kreativ und gewitzt und entwickelt eine echte Spürnase für die Ermittlungen. Ihre geheime verborgene Leidenschaft für das Detektiv-Gewerbe darf sie nun endlich entfalten. Leider steht ihr frisch gebackener Verlobter sowohl ihrem Arbeitgeber als auch der Art der Arbeit sehr skeptisch gegenüber.

Doch was geschah eigentlich in der Schicksalsnacht im Londoner Stadtteil Mayfair? Eine Nachbarin des toten Models hörte kurz vor dem Sturz deutlich eine Männerstimme und einen lauten Streit aus Lulas Appartement…. Zwei Unbekannte auf dem Videomaterial der Überwachungskameras konnten nicht gefunden und identifiziert werden….Wie dachten Lulas Freunde über den unerwarteten Tod des Models? Schnell finden Strike und Robin weitere Spuren und entschlüsseln ein umfassendes Profil des Mord-Tages, finden weitere involvierte Personen, beleuchten Beziehungen, Motivationen und Ungereimtheiten.

Mit ihrem einmaligen und unverkennbaren Erzählstil entfaltet J.K. Rowling nicht nur höchst realistische Charaktere, sondern wieder einmal zieht sie Ihre Leser unaufhaltsam in eine komplette stimmig komponierte Welt hinein. Jede Person hat Ihre eigene Geschichte, die sie umfassend in die Story einbettet.

Gemeinsam mit Detektiv Strike und seiner gewieften Sekretärin Robin darf der Leser die losen Enden einer perfekten Kriminalgeschichte - an der selbst Hitchcock und Agatha Christie ihre Freude hätten -  entwirren.
London ist dabei die lebendige Leinwand, auf der die Ereignisse dynamisch und fesselnd, wie in einem gut geschnittenem Kinofilm ablaufen.
Eine überdurchschnittliche Bandbreite an Gefühlen, Facetten, Eigenschaften und Marotten machen die Protagonisten greifbar und unverwechselbar. Sie werden zu unseren Freunden und Verbündeten. Zeile um Zeile, Seite um Seite. Bis zum unvermeidlichen Ende des Buches. 
Schon beim Zuklappen ersehne ich eine Fortsetzung..Bitte!
Gorgeous!!!

Falls ich Bewertungen in einem 5-Sterne Schema vergeben würde, dann wären es diesmal auf jeden Fall 6 oder 7 !

Zum Autor:
Robert Galbraith ist das Pseudonym von J.K. Rowling, Autorin der Harry-Potter-Reihe und des Romans Ein plötzlicher Todesfall.

Caroline Schultz

Montag, 2. September 2013

Der Mann im Park - Thriller aus Schweden

Pontus Ljunghill


Mit freundlicher Genehmigung von Random House
1928 in Stockholm - 
Ein betrunkener Landstreicher sucht eine Bleibe für die Nacht. Die verlassenen Bauten einer heruntergewirtschafteten Werft erscheint ihm als geeigneter Ort, um in Ruhe seinen Rausch auszuschlafen. Doch schneller als ihm lieb ist, muss er wieder klar im Kopf werden. Denn im Werft-Gebäude stößt der Landstreicher auf die blutverschmierte Leiche eines 8-jährigen Mädchens.




25 Jahre später ist der Mord an der kleinen Ingrid Bengtsson bereits Kriminalgeschichte und Kommissar John Stierna, der leitende Ermittler im damaligen Mordfall, tritt seinen Ruhestand an.

Ein Journalist findet den pensionierten Kommissar auf Gotland und will den Fall für die Presse noch einmal aufrollen. Stierna gab einst Ingrids Mutter das Versprechen, dass er den Mörder fassen würde, doch der rätselhafte "Mann im Park" blieb verschwunden.
Im Jahr 1953, nachdem er den Polizeidienst hinter sich gelassen  hat, kann sich der Kommissar endlich öffnen und empfindet es als befreiend dem Journalisten über die Einzelheiten der damaligen Ermittlungen zu berichten:

Stockholm 1928
Die Aufklärung des Mordfalls lässt dem jungen Kommissar Stierna keine Ruhe, er fühlt sich verpflichtet nicht still zu stehen bis der Täter gefasst ist. Die ausdauernde Polizeiarbeit bringt die Beamten auch bald auf eine vielversprechende Spur. Stierna lebt nur noch für die Jagd nach dem Mörder und wird immer besessener. Er vernachlässigt seine Frau Karolina, die Ehe zerbricht und er verliert so die einzige Frau, die ihm wirklich etwas bedeutet hat. Jahre vergehen und der Kommissar wird zu einem kauzigen Einzelgänger und unberechenbaren Risiko im täglichen Polizeidienst.

Pontus Ljunghill zeichnet ein Stockholm in dem deutlich der Geist der Goldenen Zwanziger Jahre zu spüren ist und die kriminalistischen Methoden noch handfest und ohne Schnickschnack sind. Der Roman setzt auf klassische Kriminologie, die sich im Vergleich zu den neuzeitlichen Profiler- und Pathologie-Thrillern als ebenso packend erweist. Kapitelweise lässt der Autor seine Leser an den Innensicht des Täters teilhaben. Gedanken, Gefühle und Aktionen, werden aus der Perspektive des mysteriösen Unbekannten geschildert. Der Leser kommt dem Mann im Park immer näher, kennt sein Profil und ist um so gespannter auf den nächsten Schritt der Stockholmer Polizei.
Mit originellen Ideen treibt Pontus Ljunghill die Handlung voran. Exakt ausgefeilt und stilistisch brillant, entwickelt er viele Charaktere die sich harmonisch in die Zeitgeschichte einfügen. Sehr ausführlich sind vor allem die Orts-, Lokal- und Straßen-Beschreibungen der schwedischen Hauptstadt. Stellenweise bremst die zu große Ausführlichkeit den Lesefluss und das Spannungsniveau. Die gestreckte Erzählweise entspricht nicht immer meinem persönlichen Geschmack.
Trotzdem ist der Thriller eine Bereicherung in der kriminologischen Literaturlandschaft, denn er bietet seinen Lesern eine gelungene Mischung aus guter Unterhaltung, historischen Wissen und Erkenntnisreichtum.

Mit Genehmigung von Random House
Der Kriminologe Pontus Ljunghill arbeitet als Journalist für diverse Zeitungen. "Der Mann im Park" ist sein erster Roman und war in Schweden sehr erfolgreich. Der Autor lebt in Stockholm.
Caroline Schultz

Hinweis: Ich vergebe grundsätzlich keine Sterne-ratings, da ich der Meinung bin, dass sich der Wert eines literarischen Werkes nicht auf ein paar Sternchen herunterbrechen lässt. Bücher: Romane, Thriller, Krimis, Erzählungen sind vielfältig und facettenreich. Randvoll mit unterschiedlichen Stimmungen, Genres und Stilmitteln. Eine Sterne-Bewertung ist zu starr und lässt keinen Platz für Zwischentöne und persönliche Vorlieben. Jeder Leser kann die hier gegebenen Informationen für sich abwägen und seine persönlichen Schlussfolgerungen ziehen.






Mittwoch, 12. Juni 2013

"On se left you see the Siegessäule!" - Erlebnisse eines Stadtbilderklärers

Tilman Birr

"On se left you see the Siegessäule!"





Jung, historisch gebildet und mittellos, begibt sich Tilman nach dem Studium auf Jobsuche in Berlin. Der Sommer steht vor der Tür und was liegt da näher, als Touristen vom Schiff aus, die Stadt zu erklären. Niemals die gleichen Leute und keine weiterreichende Verantwortung als bis zum nächsten Anleger. Das wird ein Sommer voller kurioser Erlebnisse und schräger Typen. Richtig komisch wird es dann, wenn Bayrische Touristen den gebürtigen Frankfurter im tiefsten Dialekt mit unverständlichen Berlin-Fragen löchern. Doch der Held bewegt sich nicht nur auf dem Wasser, sondern erlebt Witziges und Unglaubliches auch links und rechts der Spree. Berlin ist dabei eine grandiose Kulisse und Quelle für alle denkbaren Geschichten. Macht Lust auf einen Städtetrip.

Locker leichter Lesestoff, oft sehr ironisch und zum lauten Tränen Lachen geeignet.

Zum Autor:
http://buchundliteratur.blogspot.de/2013/06/ein-mann-schau-kaberettist-tilman-birr.html



Caroline Schultz






Mittwoch, 5. Juni 2013

Die geheimen Talente des Piet Barol

Mit freundlicher Genehmigung von Random House

Richard Mason


Die geheimen Talente des Piet Barol 


Jung, unbescheiden und über die Maßen attraktiv, tritt der junge Holländer Piet Barol eine Stellung als Hauslehrer in der begehrtesten Familie Amsterdams, im Jahre 1907 an.
Gerade erfahren genug, um Vorteil aus seinem bestechenden Äußeren zu gewinnen, verhelfen ihm Wagemut und Kühnheit aus seiner eigenen ärmlichen Welt. Sein Kapital sind gute Manieren, Bildung, aber vor allem auch Musikalität und die Fähigkeit sich mit Charme in die Bewohner des Hauses hinein zu fühlen.
Der patriarchische und gottesfürchtige Hausherr ist mit seinen riskanten Geschäften im Hotelgewerbe so gebunden, dass er es als Erleichterung empfindet, wie Piet Barol die Frauen seines Haushaltes bezaubert und unterhält. Mehr und mehr sieht er einen Sohn in ihm.
Doch die Hauptaufgabe des jungen Lehrers soll die Unterrichtung  des eigenartigen Jungen Egbert sein. Der nach heutigen Maßstäben, scheinbar autistische oder Angst gestörte Junge, weigert sich vehement das vornehme Haus zu verlassen.

Piet genießt Luxus und Wohlstand im Hause so sehr, dass er sich Zeit mit dem Jungen lässt und auf ein langsam wachsendes Vertrauen setzt. Derweil kümmert er sich in besonderem Maße um die vernachlässigte Hausherrin Jacobina.
Einen treuen Freund gewinnt er auch in dem Hausdiener Didier Loubat, der sich mit der Zeit heimlich in Piet verliebt. Zwischen den Dienstboten des reichen Haushaltes und den Familienmitgliedern, nimmt Piet Barol eine Sonderstellung ein. Das schillernde Leben in der Welt der höher gestellten Gesellschaft, geht Piet in Fleisch und Blut über. Gern möchte er sich zu einem der Ihrigen zählen und wird noch wagemutiger in seinem Habitus. Fortuna ist mit ihm, doch manches Mal muss er auch eine Niederlage einstecken, die insbesondere das schöne und gescheite Schwesternpaar Constance und Louisa sehr amüsiert.
Aber der ehrgeizige Hauslehrer träumt von größeren Herausforderungen und einem Neuanfang in Übersee.

Richard Mason führt seine Leser im zweiten Teil des Romans auf eine luxuriöse Schiffsreise nach Kapstadt. Ein weiteres großes Abenteuer bei dem Piet unter Beweis stellen kann, was er in der Umgebung der weltgewandten Oberschicht gelernt hat. Er fordert das Schicksal wieder heraus und läuft Gefahr auf St. Helena ausgesetzt zu werden…

Mit feinfühliger, sanft ausbalancierter Sprache pflanzt Richard Mason epochale und atmosphärische Bilder des jungen 19. Jahrhunderts in die Köpfte seiner Leser. Unschwer erhält der Leser ein Gefühl für das niederländisches Grachtenflair und die aufstrebenden Schauplätze dieser Zeit. New York als richtungsgebender Maßstab für ein menschliches Streben nach unbegrenzten Möglichkeiten.

Der Autor zeichnet präzise die schillernde Welt der Reichen und entfaltet in prallen Szenen den damaligen Glamour. Richard Mason versteht es meisterlich der menschlichen Kühnheit, dem unverfrorenen Streben auch das große und kleine Scheitern entgegenzustellen. Ebenso wie die anderen Figuren hat auch Piet Barol seine schwachen Momente in denen er auf den Boden der Tatsachen zurückkehren muss. Trotzdem bleibt das Werk eine Hommage an das Wagnis. An den unerschütterlichen Glauben in das eigene Glück. Der smarte Held erprobt sein Glück auf‘s Äußerste und doch spürt der Leser – irgendwie wird schon alles gut gehen. Die überaus köstlichen erotischen Momente der Handlung sind zartfühlend komponiert und machen vor gleichen Geschlechtern keinerlei Halt. Ein wunderbarer Roman über einen ehrlichen Hochstapler, der nachwirkt und berührt.


Der britische Autor Richard Mason wurde 1999 durch seinen Weltbestseller der Liebesbeweis bekannt.
Sein aktuelles Werk erschien 2011 im Original unter dem Titel: "History of a Pleasure Seeker" im Verlag Weidenfeld & Nicolson, London. 

http://www.youtube.com/watch?v=wdcocZEQjYE

Caroline Schultz

Montag, 25. Februar 2013

Das Dorf der Mörder - Elisabeth Herrmanns neuer Roman


Das Dorf der Mörder 


von Elisabeth Herrmann


Darauf haben alle Krimifans gewartet! Ein Spannungsroman, der seine Leser gnadenlos gefangen nimmt bis endlich die erlösende letzte Seite erreicht ist.

Durch einen Notruf alarmiert, erreicht Streifenpolizistin Sanela Beara als eine der Ersten den Tatort. Im Berliner Tierpark fressen brasilianische Schweine tatsächlich an den Überresten einer menschlichen Leiche.
Kopf und Hand und einzelne Körperteile sind noch erkennbar. Einige Kinder im Vorschulalter, die mit ihrer Erzieherin den Tierpark besuchen, haben die ekelhaften Vorkommnisse zuerst bemerkt.
Beara kümmert sich um die geschockten Kinder und erkennt in ihnen kleine wache Beobachter. Ihre bemerkenswerten Aussagen verleiten die ehrgeizige Polizeimeisterin zu eigenen Ermittlungen. Doch Dienststellenleiter Gehring verlangt nach Kaffee, den Beara beschaffen soll, hierbei gerät sie auf eine erste heiße Spur und wird selber zum Opfer.
Als sie kurz drauf im Krankenhaus wieder erwacht, gelten die Umstände des Mordes als geklärt und die mutmaßliche Täterin ist gefasst. Die Einzelgängerin Charlotte Rubin soll den kaltblütigen Mord begangen haben. Doch Beara stolpert über Ermittlungsfehler und hat große Zweifel. 
Zweifel haben auch die Psychologen Brock und Saaler, welche mit der Gutachtenerstellung zur Schuldfähigkeit beauftragt sind. Jeremy Saaler bringt die Beschuldigte erstmals zum Sprechen, doch durch seine Unerfahrenheit gelangt er auf einen gefährlichen Konfrontationskurs.
Vergeblich sucht Beara bei Gehring Unterstützung für weitere Ermittlungen. Unfähig, ein nein zu akzeptieren, recherchiert die Polizistin schließlich auf eigene Faust. Die rätselhafte Vergangenheit der mutmaßlichen Mörderin lockt die Ermittlerin in ein einsames brandenburgisches Dorf. Ohne es zu ahnen, gerät Beara in größte Lebensgefahr.

Ein absoluter Höhepunkt in der deutschen Krimilandschaft ist dieser neue Spannungsroman von Elisabeth Herrmann. Packend und intelligent treibt sie mit erzählerischer Schärfe die raffinierte Handlung voran. Mit jeder gelesenen Seite steigt die Spannung kontinuierlich und kitzelt die Nerven der Leser meisterlich. Schonungslos werden grausige Verbrechen aufgedeckt, aber dennoch kommt der Roman bestens ohne allzu übertriebene Ekelhaftigkeit oder verzichtbare Brutalitätsbeschreibungen aus. Elisabeth Herrmanns Charaktere sind überaus gelungen, glaubhaft und authentisch und werden unversehens vor unserem inneren Auge lebendig. Angst, Stärke, Leiden, Verzweiflung und Mut durchlebt der Leser gemeinsam mit den Romanfiguren, so dass sich die Geschichte geradezu filmreif im Kopf des Lesers entfaltet. Ein Vorzeigekrimi, der alles hat, was ein gutes Buch ausmacht und auf breite Zustimmung stoßen wird. Durchweg ein Spitzenbuch, das die winterlichen Abende jetzt noch gemütlich nervenaufreibend verkürzt.

Elisabeth Herrmann
 (Mit freundlicher Genehmigung von Random House)
Elisabeth Herrmann wurde 1959 in Marburg/Lahn geboren. Der bekannteste Roman der Fernsehjournalistin ist „Das Kindermädchen“, welches ihr zum Durchbruch verhalf. Viele ihrer Bücher wurden bereits erfolgreich für das ZDF verfilmt. Für ihren Krimi „Zeugin der Toten“ wurde die in Berlin lebende Autorin mit dem Radio-Bremen-Krimipreis und dem Deutschen Krimipreis 2012 ausgezeichnet.

Caroline Schultz



Das Buch ist am 25.02.2013 bei Goldmann erschienen und
als gebundene Ausgabe erhältlich.
Der Buchhandel bietet den Roman ebenfalls
als gekürzte Hörbuchfassung (Der Hörverlag)
und im Download als E-Book an.