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Samstag, 26. Dezember 2015

Gehe hin und lies nicht unvorbereitet -
[Rezension] Gehe hin, stelle einen Wächter - Harper Lee


Caroline Schultz

Mitgerissen von der Wiederentdeckungs-Euphorie im Sommer, bekam ich Lust eine Rezension zu dem lange verschollenen Erstlingswerk "Gehe hin, stelle einen Wächter" (Go set a Watchman) von Harper Lee zu schreiben. Ich muss bekennen, dass ich bis dato ihr berühmtes Werk "Wer die Nachtigall stört" (To kill a mockingbird) vor allem aus dem Schwarzweißfilm-Klassiker von 1962 kenne und nur teilweise selber gelesen habe. 1)

55 Jahre nach Erscheinen des Pulitzer-Preis gekrönten Dramas, halte ich nun "Gehe hin, stelle einen Wächter" in den Händen und bin zunehmend skeptisch. Der Klappentext sagt kaum etwas aus und der Einband ist so matt und langweilig, wie das Papier auf dem er gedruckt wurde. Ich habe das seriös wirkende Werk dann unmittelbar durchgelesen, wobei ich beim Lesen häufig verstört den Kopf schüttelte.
Wochenlang habe ich gezögert und mich davor gedrückt, zu diesem Roman Stellung zu beziehen. Doch bevor das Jahr verstreicht, möchte ich das noch erledigt haben.

Zum Inhalt:
Die Hauptfigur Jean-Louise Finch kehrt als 26-Jährige aus New York für ein paar Wochen Urlaub in ihre Südstaaten-Heimat Maycomb, zu ihrer Familie zurück. Ihr Vater Atticus Finch, inzwischen über 70, ist ein gebrechlicher, aber immer noch angesehener Anwalt. Jean-Louise, besser bekannt als "Scout" aus dem Welterfolg "Wer die Nachtigall stört", ist sich selbst treu geblieben, trägt immer noch lieber Hosen als Röcke und streitet sich mit ihrer Tante um gesellschaftliche Konventionen.
In Rückblicken erzählt Harper Lee aus Scouts Kindheit und malt das Bild einer unschuldigen Jugend, die Jean-Louise alias Scout ungebändigt mit Bruder Jem und Freund Dillon durchleben durfte. Ihr Vater Atticus war zu jeder Zeit ein Idol und die schwarze Nanny Calpurnia ihr sicherer Hafen.
Im Roman schildert Harper Lee aber vor allem das Leben der erwachsenen Jean-Louise, ihre Heiratsüberlegungen bezüglich Jugendfreund Henry. Ihre Nanny Calpurnia ist inzwischen eine alte Frau und hat der Familie den Rücken gekehrt. Ein erstes Vorzeichen dafür, das sich der Wind und die Stimmung nicht zum Guten gedreht hat.
Ein Autounfall ereignet sich. Ein junger Schwarzer überfährt einen anderen weißen Mann.
Calpurnias Familie bittet Atticus Finch um seine Hilfe als Anwalt. Dieser übernimmt den Fall, jedoch nicht aus alter Verbundenheit mit Calpurnia, dessen Enkel den Unfall verursacht hat, sondern aus Sorge darüber, dass ein NAACP-Anwalt (National Association for the Advancement of Colored People) diesen Fall an sich reißen und politisieren würde. 
Jean-Louise missfällt die Haltung ihres Vaters. Der ganze Aufenthalt in ihrem Heimatort Maycomb scheint von Meinungsdifferenzen durchsetzt zu sein. Ihre Umgebung, z. B. der Gemischtwarenhändler wünscht sich, dass sie zu Hause bleibt und nicht wieder nach New York zurückkehrt. Doch Jean-Louise ist von diesem Schritt bei Weitem noch nicht überzeugt.

An einem schicksalhaften Sonntag entdeckt Jean-Louise eine, über alle Maßen rassistische Broschüre in den Unterlagen ihres Vaters. Der Inhalt brüskiert und irritiert Jean-Louise zutiefst. Sie macht sich auf den Weg zum Gerichtsgebäude, wo nach Aussage ihrer Tante eine Bürgerrechts-Versammlung, bei der ihr Vater Atticus Vorsitzender ist, abgehalten wird.
Auf dem Balkon des Gerichtssaals hört Jean-Louise den Vortrag eines Gastredners: Mit Abscheu und Ekel hört sie eine rassistische Hetzrede der schlimmsten Sorte. Dieser gewisse Mr. Grady sieht in einer strikten Rassentrennung das Hauptinteresse der Südstaaten. Er bezeichnet die Schwarzen als strohdumm und eine minderwertige Rasse voller filziger Krausköpfe. Dies zu sagen gestattet ihm die Versammlung, die aus Männern aller Art und Ansehen besteht. Aus Männern mit Gewicht und Ansehen wie Jean-Louise beobachtet, nur Ihr Onkel Jack, Dr. Finch fehlt offensichtlich als Einziger. Jean-Louise versteht die Welt nicht mehr und stellt ihre ganze Familie, allen voran Vater Atticus und Freund Henry in Frage.

"Sie hörte die Stimme ihres Vaters, eine leise Stimme aus der warmen behaglichen Vergangenheit: << Gentlemen, wenn es auf dieser Welt ein Motto gibt, dann sollte es meiner Meinung nach lauten: Gleiche Rechte für alle, Sonderrechte für niemanden.<< "

Den erlebten Schock kann Jean-Louise nur schwer verarbeiten. Sie schwankt zwischen Weglaufen und Auseinandersetzung. Ein Gespräch mit Ihrem Onkel hilft ihr dann wenigstens ein Stück weiter, um die Auseinandersetzung mit ihrem Vater zu suchen. Als Leserin sehe ich in Atticus eine Metapher für die Amerikanische Regierung, in ihrer Rolle als abwägender Entscheidungsträger und auf väterliche Weise verantwortlich. Jean-Louise hingegen vertritt den Teil des amerikanischen Volkes, der tolerant und aufgeklärt ist und verstanden hat, dass der Entwicklungsprozess zu mehr Gleichberechtigung für die Schwarzen unabwendbar, richtig und wichtig ist. Auf der einen Seite gesteht sie Atticus zu: 

"Ich habe noch nie erlebt, dass du Neger so überheblich und respektlos behandelst, wie die Hälfte der Weißen hier unten das tun, wenn sie nur mit Ihnen reden, wenn sie sie auffordern, etwas zu tun" 

dann wieder zieht sie Vergleiche zu totalitären Machthabern.
Im weiteren Verlauf behandelt das Buch die schmerzhafte Abnabelung einer Tochter von ihrem Vater. Am Ende steht die Erkenntnis, das Jean-Louise , "die Farbenblinde", zu eigenem Denken und eigenen Entscheidungen fähig sein muss, auch wenn diese sich nicht mit denen, des von ihr vergötterten Vaters vereinbaren lassen. 

Atticus: "Dir tut es vielleicht leid, aber ich bin stolz auf dich...ich habe jedenfalls gehofft, dass eine Tochter von mir zu dem stehen wird, was sie für richtig hält, dass sie allen voran mir die Stirn bieten wird."

Jean-Louise: "Es geht um Balance. Ich kann ihn nicht besiegen und ich kann mich nicht mit ihm verbünden --


Meinung

Gehe hin und lies nicht unvorbereitet. Das ist mein erster und wichtigster Gedanke zu diesem Buch.

Der Roman, der zeitlich vor "Wer die Nachtigall stört" verfasst wurde, inhaltlich aber daran anknüpft, ist wie eine Zeitkapsel aus der Mitte der 1950er Jahre. Die Zielgruppe, an die sich das Buch ursprünglich richtet, ist eine Leserschaft, die Ort und Zeit aus dem Rückenmark kennt und nicht erst im Hinterkopf nach historischen Ereignissen oder dem Gesellschaftsbild dieser Epoche kramen muss. Harper Lee schrieb unter der Voraussetzung, dass Regeln und Leben im Alabama dieser Zeit bekannt waren. Dieser Umstand macht das Werk sehr authentisch, aber für Menschen mit einem sehr grob gerasterten amerikanischen Geschichtswissen - wie mich - zu einer Herausforderung. 

Scouts Bruder Jem ist tot, sodass er im Roman keine Rolle mehr spielt, auch Ihr Freund Dillon wird nur in Rückblicken erwähnt. Dies ist vermutlich ein Kunstgriff der Autorin, damit
Jean-Louise unangetastet den Mittelpunkt der Geschichte bildet. Welche Intention der Roman eigentlich verfolgt und in welche Richtung die Handlung läuft, bleibt lange Zeit beim Lesen sehr undeutlich. In vielen Einzelszenen werden die Haltung und die Persönlichkeiten der übrigen Figuren: Tante Alexandra, Freund Henry Clinton, Onkel Jack (Dr. Finch) vorgestellt und vertraut gemacht. Ein bisschen Erläuterung findet es dann doch noch, das konservative Leben im Süden, mit Kirchenbesuch, Kleiderordnung und gesellschaftlicher Verpflichtung - Tante Alexandra organisiert für Jean-Louise ein Damenkränzchen, bei dem die Ladys sehr dezent auch über Politik diskutieren, immer im jeweiligen Einvernehmen mit der Meinung ihrer nicht anwesenden Ehemänner versteht sich.
Doch diese Einzelszenen reihen sich ohne ersichtlichen roten Faden aneinander und machen den Roman umständlich.
Trotz allem Kopfschütteln meinerseits hat dieses Buch eine tiefe metaphorische Kraft, die damals und heute an die amerikanischen Bürger appelliert keine vorgefertigten Meinungen zu übernehmen, sondern das unerschütterlich richtige Wertebewusstsein, dass wir alle in uns haben, zu Wort kommen zu lassen und im Sinne einer toleranten und friedlichen Gesellschaft, die Konflikte und Ungerechtigkeiten zwischen Schwarz und Weiß ein für alle Mal aus dem Weg zu räumen. 
Wenn wir nun aus dem Jahr 1955 einen Schwenk in die Gegenwart machen, müssen wir leider erkennen, dass Amerika zwar einen schwarzen Präsidenten hat, aber auch ein Riesenproblem mit immer wiederkehrenden Rassenunruhen in Ferguson und Baltimore, zurückzuführen auf unrechtmäßige und unverhältnismäßige Polizeigewalt gegenüber Schwarzen.
Die politische Thematik der Rassenkonflikte ist bedauerlicherweise auch im Jahr 2015 noch von erschreckender Relevanz. Das jüngste Ereignis liegt grade mal  vier Tage zurück.

Exkurs: Negative Ereignisse in der Amerikanischen Geschichte:

27.12.2015: Quintonio LeGrier und Bettie Jones. Der Tod zwei schwarzer Menschen in Chicago, ein 19-jähriger und eine 55-jährige Frau (5-fache Mutter) - Sieben Kugeln zuviel!

Am 09.08.2015 starb in Arlington, Dallas der 19-jährige Christian Taylor. Die Polizei schoß auf den unbewaffneten Jungen, der mit seinem Wagen in die Schaufensterscheibe eines Autohauses gefahren war. Christian Taylor

Am 09.08.2014 (genau ein Jahr davor) wurde der Schüler Michael Brown von dem Polizist Darren Wilson erschossen. Die Folge waren die gewaltigsten Unruhen seit 1992.
Hintergrundinfos Historie der Afroamerikaner USA


Am 12.04.2014 Tödliche Polizeigewalt gegen den 25-jährigen Afroamerikaner Freddie Gray.
Ein Bericht des US Jusitzminesteriums belegt, dass die Polizei von Ferguson "routinemäßig"die Rechte der schwarzen Bürger zu mißachtet.
Pulverfass mit kurzer Lunte


Fazit zum Buch:

Ich möchte diesen Roman in kein Sterne-Korsett pressen, das finde ich in diesem Falle besonders schwierig. Die Geschichte hat dem Leser auf jeden Fall etwas zu geben und verfolgt auch eine politisch wichtige Intention. Die Handlung bedingt allerdings eine gewisse Sorgfalt beim Lesen und etwas epochales Hintergrundverständnis ist auf jeden Fall hilfreich. Abgesehen von allen Zugeständnissen, fehlte mir der rote Faden und der Plot schwenkte unvorhersehbar mal hierhin und mal dorthin. Schriftstellerisch war das Erstlingswerk zu spüren und als Unterhaltungsbuch möchte ich es auf keinen Fall empfehlen. In vielen Rezensionen habe ich im Nachhinein gelesen, dass es besser gewesen wäre, man hätte "Wer die Nachtigall stört" (ein Klassiker in allen englischen Klassenzimmern) als Einzelwerk stehen lassen und auf "Gehe hin, stelle einen Wächter" verzichtet.

Ich möchte Euch zwei wunderbare Alternativen zu diesem Roman empfehlen. Zwei Bücher, die sehr viel aussenden und dabei auch noch grandios spannend und unterhaltsam sind. 

Die Farbe von Wasser - James Mc Bride (Berliner Taschenbuch)

10,99 €









Gute Geister - Kathryn Stockett (btb Taschenbuch)
9,99 €











Liebe Grüße und viel Spass beim Lesen 

Eure Caroline Schultz







1) Für die Einordnung ist es wichtig zu wissen, dass "Gehe hin, stelle einen Wächter" inhaltlich in einem zeitlichen Kontext nach "Wer die Nachtigall stört" angesiedelt ist. In der Tat wurde das Buch aber einige Zeit vor "Wer die Nachtigall stört" geschieben.

Sonntag, 28. Juni 2015

Caros Quickies: - Drei kurze Buchkritiken [Rezension]

Caroline Schultz


Harlan Coban - Ich finde dich

Spannende Story - geschickt und wendungsreich erzählt!


Jake Fischer hat seine wahrhaftige Liebe - Natalie - gefunden und verbringt eine unbeschreibliche Zeit mit Ihr. Doch von einem Tag auf den anderen verlässt sie Ihn und heiratet einen anderen Mann. Jake ist am Boden zerstört. Doch Natalie erzwingt von Jake ein Versprechen, dass er Sie vergessen und für alle Zeiten in Ruhe lassen muss. Eisern hält sich Jake an seinen Schwur, bis 6 Jahre später etwas völlig Unerwartetes geschieht. Es gibt kein Zurück mehr, trotz lebensbedrohlicher Gefahren macht er sich unaufhaltsam auf die Suche nach der Geliebten.

Die Handlung ist schnell und dynamisch, schreitet kontinuierlich fort, so dass der Leser das Gefühl hat, das Buch liest sich ganz von selbst. Plastische Charaktere und greifbare Namen erleichtern die Übersicht über die beteiligten Personen. Ein Thriller ohne Längen und ohne Zeit zum Verweilen. Absolut frei von langwierigen Beschreibungen, trotzdem szenisch perfekt ausgestaltet. Die Sprache ist punktuell gewollt flapsig, dabei aber immer flüssig wie ein Bergquell und mit direkter Leseransprache. FesselndEine tolle Urlaubslektüre!!

als Taschenbuch bei Goldmann,
oder als Paperback bei Page & Turner


Robert Galbraith - Der Seidenspinner

Eine weitere "Who-dunnit" Kriminalstory, um den liebenswerten und eigentümlichen Privatdetektiv Cormoran Strike und seine Assistentin Robin.

Diese Fortsetzung von "Der Ruf des Kuckucks", der so wunderbar altmodisch und spannend wie ein Sherlock Holmes Roman daherkam, stammt auch wieder aus der Schreibfeder von J.K. Rowling, die sich hinter dem Pseudonym Robert Galbraith verbirgt. Bedauerlicherweise reicht dieser Krimi nicht ganz an seinen Vorgänger heran. Das gewählte Setting ist dieses Mal das Buchverleger Umfeld: Ein zweitklassiger Autor verschwindet von der Bildfläche, und seine unscheinbare und mittellose Ehefrau bittet Strike darum, ihren Gatten wieder aufzuspüren. Niemand der Kollegen aus der Verlagswelt macht sich ernsthaft Sorgen über den Verbleib des Autors, denn alle vermuten, sein Verschwinden sei einen PR Gag, der im Zusammenhang mit seinem soeben fertiggestellten Roman steht. Doch dann findet der Detektiv die grausam zugerichtete Leiche des exzentrischen Autors.
Alles in allem ist die Handlung recht düster und schleppend nur die berufliche Beziehungsgeschichte zwischen Robin und Strike erhellt episodenhaft die eigentliche Handlung des Buches. Aus Liebe zu den beiden originellen Chrakteren Robin und Strike habe ich das Buch gerne gelesen. Zusammenfassend muss ich leider sagen, es war eher mittelmäßig. It's a pity Mrs. Rowling!!

Als Hardcover bei Blanvalet


Joyce Maynard - Der Duft des Sommers


Der Duft des Sommers wurde mir von einer großen Buchliebhaberin, einer echten Lady empfohlen. Es ist kein ganz neues Buch, aber ein zeitloser Roman in dem die einzelnen Familienmitglieder, Mutter und Sohn, mit ihren Wesenszügen im Vordergrund stehen. In einer Zeit mit Festnetztelefonen, ohne Computer und Handys, irgendwo in einer amerikanischen Kleinstadt, spielt die Geschichte der Zwei-Personen-Familie. Der adoleszierende Sohn Henry lebt mit seiner vom Schicksal geprägten Mutter Adele, völlig zurückgezogen in einem kleinem Haus. Die Eltern sind geschieden. Der Vater hat erneut geheiratet und weitere Kinder mit seiner zweiten Frau. Henry ist ein Einzelgänger, so dass seine Mutter seine einzige Bezugsperson, sein Ratgeber und sein Freund ist. Ein enges emotionales Band hält die Beiden zusammen. Instinktiv spürt der Junge, dass er seiner Mutter einfach alles bedeutet. Doch das Leben der Familie verläuft uniform und ereignislos. Die einzige ungeliebte Abwechslung für den Jungen, sind gelegentliche Abendessen mit seinem Vater und dessen neuer Familie. 
Im Kaufhaus geschieht das Außergewöhnliche... Ein verletzter Mann schließt sich der Familie an und bittet Mutter und Sohn um Hilfe. Beide haben Vertrauen zu Frank und nehmen ihn mit nach Hause. Wie sich schnell heraus stellt, ist der überaus höfliche und hilfsbereite Frank ein entflohener Sträfling. Henry ist jedoch in erster Linie froh darüber, dass endlich etwas Aufregendes in ihrem Leben passiert. Er genießt es, Frank als männliche Bezugsperson um sich zu haben und auch seine Mutter kommt dem Fremden auf zärtliche Weise näher. Fünf heiße Spätsommertage lang, leben Sie wie in einer Blase, bis das unvermeidliche Unglück eintritt.
Aus der Perspektive des 13jährigen Jungen schildert die Autorin gefühlvoll und atmosphärisch die Erlebniswelten des Jungen und die traumatisierenden Schicksale von Frank und Adele. Die einfachen Handlungen der Figuren drücken mit großer Symbolkraft die Emotionen in dieser Dreiecksgeschichte aus. Dieses Buch ist ein kleines Juwel, eine mitreißende Geschichte und mein Tipp für alle Liebhaberinnen besonderer Romane!

als Taschenbuch bei Goldmann



Dienstag, 26. Mai 2015

"Sag nicht, dass Du Angst hast"

Liebe Leser,
(c) Random House - Knaus Verlag

es ist nur wenige Wochen her, als ein Aufschrei durch die Medien ging. Ein heftiger Aufschrei und großes Entsetzen über eine weitere unfassbare Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer. Am 19. April ertranken 800 Menschen, als Sie mit einem überladenem Schlepperschiff im Mittelmeer kenterten. Dieses Unglück, das Ende vieler Menschenleben, erschüttert uns alle zutiefst. Wir trauern über den Tod der Flüchtlinge, doch wir ahnen nicht im Entferntesten, welche Hoffnungen und Potentiale mit jedem dieser Leben ebenfalls unter der Meeresoberfläche versanken. Wir ahnen auch nicht, welche unfassbaren Leiden, jeder Einzelne von Ihnen, auf dem Weg bis zur Küste, unter der Knechtschaft der Schlepperbanden ertragen musste.
Von Libyen nach Italien waren die Flüchtlinge vom '19.4.2015' unterwegs. Ihr Ziel war es in Europa einen Asylantrag zu stellen und ein neues Leben zu beginnen. Egal in welchem afrikanischen Land ihre Flucht begann, keiner von Ihnen hatte auch nur die blasseste Vorstellung darüber, welche Leiden und Grenzerfahrungen auf sie warten würden. Der Wunsch nach einem Leben in Frieden und Unversehrtheit, nach einer glücklichen Zukunft ohne Bürgerkriege, zwang sie Ihre Heimat zu verlassen und sich auf den Weg nach Europa zu machen.

Ähnlich wie diesen Flüchtlingen, erging es der jungen Somali Samia. Der Roman "Sag nicht, dass Du Angst hast" erzählt Ihre Geschichte: Es ist die Geschichte einer zierlichen Läuferin mit einem großen Talent und eine Geschichte von der Hoffnung was sein könnte.
Der italienischen Journalist Guiseppe Catozella, war so berührt von Samias Geschichte, dass er nachforschte und detailgenau recherchierte. Viele Gespräche mit Samias Schwester führten zu dem genannten Roman, in dem Catozella eingängig und authentisch Samias Leben nacherzählt.

Mit Ihrer Familie lebte Samia in Mogadischu, wo sie aufwuchs und zur Schule ging. Schon als Kind war sie eine gute Läuferin die eisern trainierte. Jahr für Jahr wurde Sie besser und fand bald keine ernst zu nehmenden Gegner mehr in der Stadt. Sie trainierte unermüdlich unter schwersten Bedingungen, wobei verfeindete somalische Volksgruppen, sowie die Machtausdehnung der muslimischen Al Shabab ihre Trainingsläufe zu einem riskanten Abenteuer machten. Lange Zeit besaß Samia nicht einmal Laufschuhe und auch keine Stoppuhr. Trotzdem qualifizierte sie sich für die Olympischen Spiele in Peking und nahm daran teil. 
Das Buch liest sich ausgesprochen gut und eingängig, doch der Inhalt geht unter die Haut und zerrt an den Nerven. Ganz allmählich voller harmonischer Erinnerungen fängt die Geschichte in Samias Kindheit an. Mit zunehmenden Lebensjahren, entwickelt sich die Handlung vor dem Hintergrund der schwierigen politischen Lage. Ihre fröhliche Kindheit, das Verhältnis von Geschwistern und Freunden, alles wird mehr und mehr durch Gewaltausübung und Verbote seitens Al Shabab bestimmt. Ausgangssperren und Burkapflicht hindern Samia am Laufen, Ihre Lebensumstände werden immer auswegloser. Parallel zu den drastischen Einschränkungen, wächst Ihre Traumvorstellung, es in Europa als Athletin weit zu bringen. Der Weg ins Ausland und die Flucht sind schließlich Ihre letzte Option.

Ich möchte Euch diesen schlanken Roman mit Nachdruck ans Herz legen, er sensibilisiert uns alle für die Lage in Afrika und die Situation der Flüchtlinge. Je mehr Menschen besser verstehen, um so mehr können wir alle mit Zivilcourage für Flüchtlinge eintreten.

Herzlich, Eure Caroline Schultz





Sonntag, 21. Dezember 2014

Paulo Coelho - Untreue

Editorial

Liebe Leser,


ich bin sicher, auch Ihr kennt Zeiten in denen ihr an vielen Fronten gleichzeitig boxen müsst? So geht es mir jedenfalls im Moment. Bitte seid mir daher nicht böse, wenn meine Beiträge etwas schleppend erscheinen. Wenn die Neuheiten nicht so nachrutschen wie sie sollen, dann ist das vielleicht eine gute Gelegenheit noch mal in älteren Beiträgen zu stöbern, oder auch den ein oder anderen Kommentar loszuwerden. Ein paar weitere lesenswerte Blogs habe ich hier auch verlinkt. Mal schauen, was dort so los ist!? Seid bitte versichert, ich habe noch viel spannendes Material und Ideen, die ich Euch in Zukunft präsentieren werde.

Jetzt sollt ihr aber nicht mehr warten, jetzt dürft ihr endlich meine Meinung zu Paulo Coelhos Roman "Untreue" erfahren. Ich bin auf Eure Reaktionen sehr gespannt!
Viel Spass beim Lesen.


Untreue


Ich habe bisher nur drei oder vier Bücher von Paulo Coelho gelesen, die mir aber alle sehr gut gefallen haben. Als nun sein neues Werk erschien, hat mich vor allem das Titelthema aufmerksam gemacht und Ich wollte erfahren, was ein großer Literat und Denker wie Paulo Coelho dazu sagen kann. Doch nun, nachdem ich das Buch durchgelesen habe, kann ich nicht sagen, dass ich alle seine Intentionen und Lebenslehren verinnerlicht hätte, bzw. diese aus meiner Innensicht heraus wiederspiegeln kann. Wenn ich Coelho lese, dann schwingt bei mir immer die Erwartung mit, dass sich aus dem Gelesenen ein besonderes Fazit, eine Lebenslehre oder allumfassende Erkenntnis herauskristallisieren soll. Diese Erkenntnis wird auch geliefert, der Weg dorthin erscheint mir bisweilen aber fast grotesk und ruft zur Diskussion auf.
In den Boulevardmedien, Kolumnen, Fernsehserien oder auch im persönlichen Umfeld ist Ehebruch und Untreue ist ein vieldiskutiertes Thema, das uns an jeder Ecke begegnet. Coelho gibt uns Lesern nun die Möglichkeit im Kopf seiner Romanfigur zu sitzen und ihre Affäre aus erster Hand mitzuerleben. Was gibt es da zu erfahren und was kann der Leser über die kritische Gefühlslage der Protagonistin herausfinden?


Inhalt

Die attraktive Schweizer Journalistin Linda steckt mit gerade mal 31 Jahren in einer ernsten Midlife Crisis. Linda hat einen liebevollen und fürsorglichen Ehemann, zwei Wunschkinder, einen interessanten und erfüllenden Beruf, eine Haushaltshilfe und jeden Wohlstand, den sie sich nur wünschen kann. Immer häufiger fühlt sie sich aber antriebslos und leer, sie mag morgens nicht aufstehen und zeigt Symptome für eine Depression. Linda lebt mit Ihrer Familie in Genf und schreibt für eine Lokalzeitung. Ihre Stadt erscheint ihr langweilig und jeder darin ist glücklich, außer ihr selbst! Sie fragt sich, was mit ihr nur nicht stimmt? Eines Tages muss sie ihre verflossene Jugendliebe Jakob - inzwischen ein wichtiger Politiker - interviewen. Lindas allgemeines Desinteresse vernebelt inzwischen alle Gefühle und Lebensbereiche. Trotzdem am Ende des Interviews mit Jakob dem Politiker, passiert etwas ohne jede Vorwarnung. Quasi aus dem Nichts, ohne jedes warm-up, küssen sich die Beiden, daran anschließend befriedigt Linda Jakob auf die Schnelle mit einer Portion Oralsex.
Hier beginnt die Geschichte dieser Affäre, die immer wieder nachvollziehbare Gedankengänge enthält, aber viel öfter sehr widersprüchlich voranschreitet. Die Affäre scheint Linda aus ihrer Lethargie zu helfen, so dass sie weiteren Kontakt sucht, welchen sie zunächst aber nur bedingt zurückerhält. Obwohl Jakob einen schlechten Ruf als untreuer Ehemann zu haben scheint, kann die attraktive Linda nicht bei ihm landen. Obwohl bis zu diesem Punkt gar nicht viel passiert ist, hat sie in Jakobs Ehefrau offensichtlich ein Feindbild gefunden, dass ihr bekämpfenswert erscheint. Sie beschreitet sogar einen kriminellen Weg um ihrer vermeintlichen Feindin zu schaden. Plötzlich und ohne Erklärung hat Jakob dann doch konkretes Interesse an Linda und die beiden treffen sich regelmäßig in Hotels. Auf welchem Weg die Affäre schlussendlich auffliegt, finde ich extrem eigenartig und schwer nachzuvollziehen. Lächerlich und kontrovers sind auch noch ein paar andere Details in den Phasen dieser Affäre, aber ich will hier ja nicht alles verraten.


Meine Meinung

Als ich den Roman begann, kam ich sehr schnell in die Geschichte und fand den einfachen und bestechenden Erzählstil sehr angenehm und eingängig. An vielen Stellen in den vorderen Kapiteln war ich erstaunt darüber, wie gut sich Paulo Coelho in weibliche Sichtweisen und Denkstrukturen einfühlen konnte und dieses nun hier transportiert. Doch mit fortscheitender Handlung habe ich dieses Gefühl immer mehr verloren. Im Gegenteil, ich fand das Verhalten der Linda sehr unweiblich, unlogisch und nicht nachvollziehbar. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich sie verstehe und den nächsten Schritt vorausahnen könnte. Ganz besonders fehlt mir in diesem Roman, dass man abgesehen von ein paar Lebensumständen nichts emotional Entscheidendes über die Innensicht und Selbstwahrnehmung ihres Geliebten Jakob erfährt. Seitenweise reflektiert Linda Gefühle und Gedankengänge über sich selbst, sucht Wege um sich selbst und ihr Leben zu verstehen. Doch die Menschen um sie herum werden nur angerissen, so als wären sie nur flüchtige Bekannte. Ihrem Ehemann gesteht Sie ihre Depression. So gut er vermag versucht er Ihr entgegen zu gehen. Mit Verständnis und Hilfe in jeder Form. So lernen wir Leser wenigstens ein paar seiner Gedanken kennen, trotzdem bleibt er für mich seltsam maskenhaft, profillos und unangreifbar. Linda sucht unter anderem drei Psychologen auf: Alle drei werden klischeehaft abgehandelt und von Linda als nicht hilfreich eingestuft. Lediglich ein Schamane kann Linda bei der Ergründung ihrer Probleme weiterhelfen. Ich denke, die Realität sieht auch hier anders aus.


Stil
Der Roman ist konsequent in der Ich-Form erzählt: Ereignisse und Gedanken erlebt der Leser, als blicke er durch einen Tunnel, ausschließlich aus Lindas Perspektive heraus. Diese Erzählform bietet reichlich Raum für Ihre inneren Reflexionen, doch sie spart die Gefühle, das Nachdenken und die Charakterzüge der anderen Personen, vollständig aus. Stilistisch ist das Buch auf jeden Fall ein qualitativ hochwertiger, typischer Diogenes Roman in guter Gesellschaft mit anderen hochkarätigen Erzählungen aus dem Diogenes Verlag.

Fazit
Ich kann das Buch nur sehr bedingt empfehlen: Und zwar denjenigen, die eingefleischte Coelho Leser sind und keines seiner Werke auslassen möchten. Weiterhin empfehle ich es denjenigen, die weniger Wert auf eine nachvollziehbare Rahmenhandlung legen, dafür aber sehr erpicht auf eine ausführliche Darstellung verschiedener Denkprozesse einer intelligenten und belesenen Hauptfigur sind. Zusammengefasst gebe ich "Untreue" nur eine mittelgute Empfehlung.

(Weitere Rezensionen zu Diogenes finden sie hier!)




Caroline Schultz

Sonntag, 26. Oktober 2014

Das Küstengrab von Eric Berg [Rezension]

Ich muss zugeben, dass ich den ersten Kriminalroman von Eric Berg versäumt habe. Als sein neues Buch dann in den Limes Verlags-Vorschauen auftauchte, dachte ich, "ach, na ja, ob sich das überhaupt lohnt?" Heute bin ich froh, dass ich mir einen wirklich guten neuen Autor erschlossen habe. Endlich mal ein Krimi, der nicht durch Brutalität und abartige Gewalt punktet, sondern mit guter Erzähltechnik Spannung aufbaut.

Mit schwersten Verletzungen und nur sehr knapp überlebt Lea Mahler einen Autounfall auf der Ostseeinsel Poel. Monatelang wird sie in einem Krankenhaus in Wismar zusammengeflickt. Hier denkt sie über die Geschehnisse nach: In einem kleinen Dorf auf der Insel verbrachte sie Ihre Kindheit. Nach der Wende zog es Sie jedoch fort aus Deutschland und so folgte sie ihrer damaligen Liebe "Carlos" nach Argentinien. 23 Jahre später kehrt sie zum ersten mal in ihre Heimat zurück.
Die Folgen des Unfalls haben große Teile ihres Gedächtnisses ausgelöscht. Ihre Amnesie ist so schwer, dass sie sich weder an den Grund für die Reise nach Poel, noch an den Unfallhergang erinnern kann. Auch ihre Schwester Sabina saß mit in dem Unglücksfahrzeug und kam dabei ums Leben. Eine Tatsache, die Lea sich kaum erklären kann, denn mit ihrer Schwester war sie seit ihrer Jugend zerstritten. Beide hatten sich seit ihrem Fortgang nicht mehr gesehen.
Als ihre Krankenhausbehandlung abgeschlossen ist, steht Lea vor einer Entscheidung. Soll sie nochmal nach Poel fahren und herausfinden, warum sie vier Monate zuvor schon einmal dort war? Was hatte sie auf Poel gewollt? Warum hatte sie ihre Schwester getroffen und wie kam es zu dem ungeklärten Unfall. Viele Fragen, die Hoffnung das Trauma aufzulösen und die Erinnerung wieder zu beleben, lässt sie erneut die Route nach Poel einschlagen.
Hier ruft sie die alten Freunde aus Kindheitstagen an. Lea erlebt alles wie bei einem Erstkontakt nach langer Zeit und tastet sich vorsichtig an jeden Einzelnen heran. Doch für die Freunde sind es Wiederholungstreffen. Bereits vor vier Monaten war sie der Clique: Pierre, Margarethe, Harry, Mike und Jacqueline schon begegnet. Der Einzige, den Lea nicht wiedersieht ist ihr Exfreund Julian, der am Abend des Mauerfalls, Pläne für eine Weltreise hatte und seit langem als verschollen gilt. Aber die Freunde haben sich im Laufe der Jahre sehr verändert. Die einst lustige Margarethe ist mittlerweile eine verbitterte Frau, die mit Geldsorgen und ihrer pflegebedürftigen Mutter zu schaffen hat. Mit Ablehnung und offener Feindseligkeit begegnet sie Lea bei Ihrem Aufenthalt auf Poel. Ihr kauziger Bruder Harry ist ein verschrobener Taugenichts, der Margarethe mehr Last als Hilfe ist. Leas damalige Busenfreundin Jacqueline lebt das Leben einer überspannten Nobelzicke. Der als Kind so unscheinbare Pierre hat sich jedoch zum Inselarzt gemausert und Mike, der ewige Anführer der Kinderclique ist zum erfolgreichen Unternehmer und Inselboss aufgestiegen. 

Im weiteren Verlauf des Buches beschreibt Eric Berg die zurückliegenden Ereignisse zeitversetzt aus der Perspektive der Schwester Sabina Mahler. So hat der Leser die Möglichkeit in diese vergangene Zeitzone einzutauchen und die Beweggründe für den eigentlichen Inselbesuch, das Wiedersehen der Schwestern und andere spannende Details zu erfahren. Mit jedem Kapitel vervollständigt sich das Bild etwas mehr und neue spannungsbildende Aspekte tauchen auf. Perfekter Nebendarsteller ist die weitläufige Landschaft der Ostseeinsel Poel.

Wie im klassischen Krimi üblich, steht am Ende der Handlung ein entsprechender Showdown, der aber gänzlich ohne Spezialeffekte, Kämpfe oder Verfolgungsjagden auskommt. Trotzdem erhält das Böse seine gerechte Strafe, alle Fragen werden beantwortet und alle Unklarheiten aufgeräumt. 

Erzähltechnisch habe ich diesen Krimi als sehr gut komponiert empfunden. Die Ausgangslage in der sich die Hauptfigur befindet, ist an sich schon verstörend, Der Autor steigert dieses Gefühl durch inhaltliche und sprachliche Elemente so geschickt, dass meine Neugier beim Lesen kontinuierlich anstieg. Eric Bergs eingängige Sprache nimmt den Leser unmittelbar mit, in die Gefühlswelten der verunsicherten Lea. Ihre Amnesie macht sie angreifbar, manchmal skeptisch, manchmal vertrauensselig. Durchgehend habe ich mit Ihr gelitten und gezaudert.

Häufig erlebt sie "Flashbacks", die ihr wie Bilder aus der Vergangenheit scheinen, sich aber in der Gegenwart kaum erklären lassen. Plötzliche "Erscheinungen" werfen Lea aus der Bahn und kurbeln meine spekulative Phantasie an.
Der Autor beschreibt alle Figuren so authentisch und lebendig, dass ich auch längere Zeit, nach dem ich das Buch zugeklappt habe, alles klar vor Augen behalte. Die romantische Seite der Handlung passt gut in das Gesamtbild des Romans und befeuert die Entwicklungsmöglichkeiten des Buches. Die Story bleibt jederzeit glaubwürdig und logisch nachvollziehbar. In anderen Krimis habe ich es schon erlebt, dass ein sehr wackelig konstruriertes Motiv, das ganze Ende vermasselte. Das ist hier überhaupt nicht der Fall, was meinem persönlichen Geschmack sehr entgegen kommt. Allerdings hätte ich mich gefreut, wäre das Finale noch etwas bedrohlicher und gefährlicher gewesen .
Weil ich das Buch überhaupt nicht weglegen konnte und wollte, habe ich es überall mit hin genommen und ständig darin gelesen. Ich habe "Das Küstengrab" durch und durch genossen und wirklich gerne gelesen. Es ist ein schöner, sehr unterhaltsamer Kriminalroman, klassisch aufgebaut und auf jeden Fall empfehlenswert.

Vorschau GEWINNSPIEL - Signiertes Exemplar - Das Küstengrab

Auf der Frankfurter Buchmesse hatte ich Gelegenheit diesen Krimi von Eric Berg signieren zu lassen. Aus diesem Grund habe ich das Rezensionsexemplar auch wirklich vorsichtig weitergelesen und pfleglich behandelt. In Kürze werde ich dieses original handsignierte Buch an Euch verlosen! Dazu später mehr.

Gemütliche Lesegrüße, eure




Caroline Schultz

Sonntag, 21. September 2014

[Rezension] Im Hause Longbourn - Ein Fenster in die "Jane Austen-Zeit" und ein ungeschönter Blick hinter die Kulissen

Im Hause Longbourn

JO BAKER

Caroline Schultz 

(c) Radom House
Janes Austens Roman Stolz und Vorurteil ist ein Lieblingskind in meinem Bücherregal und ein unangefochtener Klassiker in der Weltliteratur. Jetzt - gute 200 Jahre nach der Erstveröffentlichung - verhilft uns eine junge britische Autorin zu einem Wiedersehen mit Familie Bennet, Mr. Darcy und all den anderen Figuren. Jo Baker haucht den geisterhaften Dienstboten aus der Original-Geschichte Leben ein und erzählt auf dem Hintergrund von Stolz und Vorurteil einen wunderbaren neuen Gesellschaftsroman, der jedoch dieses Mal aus der ungeschönten Alltags-Perspektive des Dienstmädchens Sarah geschildert wird. 


Sarah ist die sympathische Heldin des Buches und steht, neben den anderen Dienstboten, im Vordergrund der Erzählung. Während die fünf Töchter der Bennets auf eine gute Verheiratung und Versorgung durch einen Ehemann hoffen und hinfiebern, schuftet Sarah ohne Unterlass im Hause Longbourn. Mit schmerzenden, aufgeplatzten Händen pumpt sie täglich bei jeder Eiseskälte Wasser, macht Feuer, schruppt und wäscht in Haus und Waschküche. Dazwischen transportiert sie Briefe für die jungen Ladies, bedient bei Tisch, spült das Geschirr, erledigt Besorgungen. Abend für Abend fällt sie kraftlos in ihr Bett und glaubt, dass es niemals eine Abwechslung oder einen Ausweg aus dieser Ödnis geben wird. Ihre einzige Unterstützung ist ein kleines junges Dienstmädchen namens Polly. Polly ist jedoch noch ein halbes Kind und für den Großteil der Arbeiten viel zu jung. Entgegen Sarahs Erwartungen dreht sich der Wind in der schlammigen Landschaft Hertfordshires und in kurzer Zeit kommen viele Steine ins Rollen: Ein neuer männlicher Dienstbote - James Smith - wird von Mr. B angeheuert und erleichtert das Leben der Gemeinschaft erheblich. Zu schaffen macht Sarah lediglich seine reservierte Art und geheimnisvolle Verschlossenheit. Doch schon bald lässt sie sich von dem elegant livriertem Ptolemy, einem farbigen Diener des reichen Nachbarn Bingley, den Kopf verdrehen.

Die Köchin und Haushälterin Mrs Hill mißbiligt die Treffen mit dem Mulatten sehr und versucht Sarah den Umgang zu verbieten. Auch James, der Sarah bislang immer ausgewichen war, ist über den Nebenbuhler nicht erfreut.
Ganz wie bei Jane Austen nimmt die Geschichte ihren Lauf, so kommt es im Leben der Dienstboten zu Wendungen, Enthüllungen und  Geschehnissen...

"Ohne Waschtag keine Kleidung, das verstand sich von selbst, und ohne Kleidung ging es nun einmal nicht, jedenfalls nicht in Hertfordshire, und schon gar nicht im September. ...Die Luft war schneidend, und obwohl Sarah Handschuhe trug, schmerzten ihre Hände vor Kälte, als sie den eisigen Schwengel betätigte, um Wasser aus dem unterirdischen Dunkel in ihren Eimer zu pumpen. Ihr stand ein langer Tag bevor, und dies war erst der Anfang."
(1. Kapitel - Im Hause Longbourn - Jo Baker)


Dieses erstaunliche Buch ist wie ein Tor in die Vergangenheit und nimmt den Leser ohne Verzögerung mit auf eine Reise ins England des frühen 19. Jahrhunderts. Es nimmt uns mit, in Englands üppige grünen Landschaften voller Herrenhäuser, und mit an die grausigen Schauplätze, der Napoleonischen Kriege auf der Iberischen Halbinsel. Der Roman ist in drei Bände unterteilt. Die beiden ersten erzählen geistreich, und parallel zu der Originalvorlage über alle Ereignisse im Hause Longbourn, Hertfordshire, sowie von Reisen nach London und Kent. Im dritten Band schreitet die Autorin noch weiter zurück in die Jahre 1788 und 1808. Für die Leserschaft enthüllen sich jetzt grundlegende Geheimnisse rund um die Haushälterin Mrs Hill und den Diener James Smith...
Die Erzählung Im Hause Longbourn reicht über das Happy End der Bennets in Stolz und Vorurteil hinaus, ebenso wie die Entschlusskraft der Heldin Sarah, die den gesellschaftlichen Grenzen Ihrer Zeit die Stirn bietet und in ihrem nachhaltigen Streben nach Glück und Selbstbestimmung jeden Leser mitreißt. Zu jeder Zeit verwebt Jo Baker das Original mit dem neuen Roman auf außerordentlich geniale Art und Weise und beweißt sich als begnadete Schreiberin.

Schon nach wenigen Seiten, hatte mich dieser Roman total gepackt und absorbiert, ich bin darin versunken und spürte beim Lesen jeder weiteren Zeile, eine zufriedene Dankbarkeit für diese geistvolle, beflügelte Geschichte. Die Presse schreibt  "Triumph" und "großartiger Tribut an Jane Austen", nennen es "Ambrosia", "liebevoll" und "Meisterhaft". Und ich kann nur laut jaaahhhh rufen, weil alles wahr ist.

Caroline Schultz


Das Buch ist beim Knaus Verlag erschienen
September 2014
Gebundenes Buch
€ 19,99
ISBN: 978-3-8135-0616-7


Sonntag, 7. September 2014

[Gastrezension] Amerika Plakate - Richard Lorenz

Ihr lieben Leser, 

heute erleben wir eine Premiere bei Buch und Literatur, denn zum ersten Mal darf ich einen Gast-Blogger auf meiner Seite begrüßen. Alexander Mörwald ist ein schreibender und Musik begeisterter Diplomingenieur und außerdem mein Studienkollege an der Freien Journalistenschule in Berlin. Auf seinem Blog "Sound and Letters" widmet er sich allen Arten von guter Musik (Sound) und auch dem geschriebenen Wort (Letters).
Ich freue mich besonders, dass er dazu bereit war, seine Entdeckung "Amerika Plakate", hier zu besprechen. Ich hoffe Ihr habt Freude daran und einen wertvollen Buchtipp mehr auf Eurer Liste! Vielen Dank Alexander Mörwald!
Eure Caroline Schultz


Richard Lorenz – Amerika Plakate


(c) Edition Phantasia

Amerika Plakate ist ein melancholisches, aber auch romantisches Buch über die Liebe, das Leben und den Tod. 

Leibrand versteckt sich als Kind, aus Angst vor dem Vater in einem Schrank, in dem er seine Schrankgeschichten entstehen lässt. Als 11-jähriger trifft er auf einem Jahrmarkt Suzanne. Ein Kuss zwischen den beiden verändert Leibrands Welt. Da Suzanne mit dem Jahrmarkt verschwindet, beginnt er seine Suche nach ihr und fällt dabei durch das Leben.
Er begegnet besonderen Menschen und es geschehen phantastische Geschichten. Da ist zum Beispiel Albert Sterner, der den Teufel beim Wettrennen geschlagen hat und Geschichten in Flaschen sprach. Oder Mathilda, die mit Leibrand zur Schule ging und plötzlich verschwand.
Es gibt Schnee, der nicht schmilzt, Gespenster und Werwölfe.
Bei seiner Suche nach Suzanne begegnet Leibrand dem alten Berender, der als Kind vom Blitz getroffen wurde. Er zeigt Leibrand Brooklyn, wo das Tot sein keine Rolle spielt und wo sich ein Teil der Handlung abspielt. Begleitet wird Leibrand von Brenner, der am Rand der Gesellschaft lebt und Engel sehen kann. Leibrand landet eines Tages in der Psychiatrie, wo er Harvey trifft, einen ehemaligen Postboten, der vergaß die Post auszutragen und seine große Liebe Frenny sucht. Zusammen mit anderen Patienten begeben Sie sich auf nächtliche Ausflüge. Dabei findet Leibrand endlich seine Suzanne wieder.

Amerika Plakate ist kein ganz einfach zu lesender Roman, der ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit erfordert. Es werden viele einzelne Geschichten erzählt, die doch alle irgendwie zusammenhängen und sich gegenseitig beeinflussen. Wenn man sich auf die Welt und die Träume Leibrands jedoch einlässt, dann lassen einen diese nicht mehr los und man möchte  Leibrand auf seinem Weg zwischen München und Brooklyn bis zum Ende begleiten.
Richard Lorenz, der eine starke Affinität zur Musik hat, zitiert an den richtigen Stellen aus Songs von Bob Dylan, Bette Midler, Bruce Springsteen oder Tom Waits, was zur melancholischen Stimmung des Werks sehr passend ist. Literarisch scheint Paul Auster einen großen Einfluss auf den Autor zu haben, da er gleich mehrfach in Amerika Plakate erwähnt wird.

Amerika Plakate ist ein besonderes Werk, das sich positiv von dem zurzeit überwiegend veröffentlichtem Mainstream-Einerlei abhebt. Man muss Joachim Körber dankbar sein, dass er den Mut hatte, diesen Roman als Hardcover zu verlegen. Eine reine E-Book-Version würde nicht passen zu einem Buch, in dem auch Plattenspieler, Radiogeräte und Schreibmaschinen ihren Platz haben. 
Man kann dem Autor nur wünschen, dass möglichst viele Menschen Gefallen an Amerika Plakate finden und dadurch weitere Romane ermöglicht werden.


Erschienen bei kuk, einem Imprint des Joachim Körber Verlags
1.Auflage, März 2014, Hardcover, 276 Seiten

Der Joachim Körber Verlag veröffentlicht mit seiner 1984 gegründeten Edition Phantasia Bücher, die sich in der Welt der phantastischen Literatur bewegen. Um das Spektrum zu erweitern, entstand das Imprint kuk, unter dem Amerika Plakate, der erste Roman des bayerischen Autors Richard Lorenz, erschienen ist. Bisher veröffentlichte Richard Lorenz vor allem Kurzgeschichten. Bereits 1995 erschien der Band „Öffnen auf eigene Gefahr“ und 2013 die E-Book-Serie „Kinderland“.


   

Sonntag, 24. August 2014

ZERO - Sie wissen, was Du tust - Marc Elsberg [Rezension]



Marc Elsberg, gebürtiger Wiener und  etablierter Journalist bewies mit seinem Katastrophen-Thriller Blackout bereits seine Fähigkeit die technologische Verletzbarkeit der modernen Gesellschaft mit allen denkbaren Aspekten, tempo- und spannungsreich  zu erzählen. Blackout wurde ein Best- und Longseller in den Buchhandlungen. Seit Sommer 2014 hält seine Fangemeinde nun sein neues Buch: "ZERO -  Sie wissen, was Du tust" in den Händen. Ein Daten-Thriller, technisch und progressiv gesponnen mit großer Relevanz für viele, vielleicht irgendwann für uns alle. 

Vorspann aus dem Buch:

"Erkenne dich selbst"
                 Antikes Griechenland

"Wir formen unsere Werkzeuge, und dann formen unsere Werkzeuge uns."
                  Marshall McLuhan

"Wir möchten Google zu Deiner dritten Gehirnhälfte machen."
                  Sergey Brin auf einer Veranstaltung am 08.09.2010.

"Die beste Möglichkeit, die Zukunft vorauszusagen, ist, sie selbst zu gestalten."
                   Unbekannt

Cynthia Bonsant ist eine kritische und erfahrene Journalistin, die den vielen technischen Neuerungen, die ihre Arbeitswelt und ihre Teenager-Tochter favorisieren, recht kritisch gegenüber steht. In diesem Punkt hat sie etwas mit dem anonymen Online-Aktivisten ZERO gemeinsam. Mit spektakulären Aktionen will er Menschheit und Internet-Nutzer vor der gefährlichen Datenplatform Freemee und Datenoligarchen im Allgemeinen warnen. Ein überraschender Drohnenangriff auf den amerikanischen Präsidenten verschafft ZERO hierbei öffentliche Aufmerksamkeit in neuer Dimension. Die Drohnen senden Bilder aus dem Urlaubsdomizil des Präsidenten rund um den Globus und stellen den mächtigsten Regierungschef der Welt bloß. Kurz darauf kommt es in London zu einer Verfolgungsjagt unter Jugendlichen und eine Junge wird dabei erschossen. Auch hier gibt es offenbar eine Verbindung zu der Internetplatform Freemee. Freemee sammelt und analysiert Daten und verspricht ihren Millionen Nutzern durch Anwendung der Freemee-Programme ein besseres Leben und mehr Erfolg. Mit ihrem Team beginnt Cynthia genauer nachzuforschen und gerät dabei selbst in Lebensgefahr. Als Gejagte in einer Welt voller Überwachungskameras, Datenbrillen und Smartphones gibt es keinen Ausweg...

Der Roman startet vielversprechend und Marc Elsberg gelingt es wirklich gut den Leser in die komplexe, etwas trockene und techniklastige Thematik hereinzubringen. Auch wenn es ein wenig Mühe macht, die vielen unterschiedlichen Protagonisten an verschiedenen Schauplätzen im Auge zu behalten, kann der Autor die Spannung über einige Kapitel hinweg bewahren. Positiv finde ich ebenfalls die erzählerische Verflechtung mit real existierenden Internet-Riesen wie z. B. Google und Facebook. Doch mit der Zeit wird die Story immer vorhersehbarer, das Thema immer theoretischer und die Spannung flacht extrem ab. Das Thema eignet sich vermutlich auch nicht für jeden Leser. Ein Minimum an Online Affinität ist schon Pflicht um die Zukunft, die Marc Elsberg kurzerhand in unsere Gegenwart geholt hat, zu verstehen.

Ich habe diesen Daten-Thriller vielleicht mit zu großer Erwartung gelesen. Vielleicht aber auch nur mit der Hoffnung ein gutes Buch in Händen zu halten. Nachdem ich vor einem Jahr ein wahnsinnig kribbeliges und großartiges Leseerlebnis bei der Lektüre des Thrillers Blackout hatte, hätte ich dem Autor unbegrenzte Fähigkeiten zugesprochen, dieses heikle und ambivalente Zukunftsthema in eine atemberaubende Geschichte zu gießen. Leider ist dies nicht der Fall, der Inhalt hat mich alles in allem enttäuscht. Die Geschichte bleibt hinter meinen Erwartungen zurück und der Leser bekommt nur ein mittelmäßiges Durchschnittsbuch geboten.

Keinesfalls möchte ich unerwähnt lassen, das  Marc Elsberg in seinem Roman vielfach auf tatsächliche, bereits vorhandene oder aufkeimende Risiken unserer globalisierten und vernetzen Welt hinweist: Sehr gerechtfertigt ist die Kritik an der beständigen Aufweichung unserer Privatsphäre, unser viel zu leichtfertiger Umgang mit unseren privaten Informationen und das kommerzielle Sammeln von Big Data, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Vielleicht stoße ich bald auf weiter lohnenswerte Bücher, innerhalb dieser Thematik.

Gerne dürft Ihr mir mal was "zurückempfehlen"

Bis dahin


Caroline Schultz 




Sonntag, 10. August 2014

Die fünf Menschen, die dir im Himmel begegnen [Rezension]

Die fünf Menschen,

die dir im Himmel begegnen


Autor: Mitch Albom

Caroline Schultz

Dieses Buch hat mir ein lieber Freund, der dem Himmel ungewollt einmal ganz nahe gekommen ist, schon vor einer Weile ans Herz gelegt. Ich kaufte es mir damals und dann fristete es zwei Jahre in meinem Bücherregal. In diesem Frühling war ich dann endlich bereit es auch selber zu lesen. Im Anschluss an die Lektüre verging nun wieder etwas Zeit - Erzählungen müssen in meinem Inneren manchmal etwas nachreifen. Daran wie sehr mich das Gelesene beschäftigt, erkenne ich oft, wie wertvoll eine Geschichte letztendlich ist.

Eddie ist ein alter Mann von mittlerweile 83 Jahren. Er hat sein ganzes Leben auf dem Ruby Pier, einem amerikanischen Vergnügungspark verbracht. Hier arbeitet er seit Jugendtagen als Mechaniker; repariert und wartet die Fahrgeschäfte versiert und akribisch wie kein anderer.
Doch an diesem Tag geschieht ein schrecklicher Unfall: Der alte Mann gerät unter eine herabstürzende Gondel und muss mit einer quälenden Ungewissheit versterben...
Auf dem Weg in den Himmel begegnen Eddie nacheinander fünf Menschen, die ihm insgesamt fünf Lektionen erteilen. Die Biografie dieser fünf Personen ist jeweils in besonderer Weise mit seiner eigenen Lebensgeschichte verbunden. Die Geschichten und Gespräche entschlüsseln Eddie wichtige, zu Lebzeiten verborgen gebliebene Zusammenhänge mit seinem eigenem Leben. Dinge die ihn beeinflusst oder für immer verändert haben. Seine Begleiter überführen ihn auf diese Weise in den Himmel, der für jeden Menschen eine andere Gestalt annimmt. Mit jeder Lektion gelangt Eddie etwas mehr zu der Erkenntnis, dass sein Leben gar nicht so bedeutungslos war, wie er angenommen hatte - Im Gegenteil, es war ein sinnvolles und notwendiges Dasein.

Im Kern ist dieser Roman durchaus ein erstaunliches Buch, das fesselt und bewegt und den Blick für das eigene Leben, sowie das Jenseits schärft und sensibilisiert. Die Frage nach der Bedeutung des Lebens wird auf neuartige Weise gestellt und beleuchtet. Mit großem Können und Talent erzählt der Autor facettenreich und spannend, so dass der Roman wirklich unterhaltsam und inhaltsreich zugleich ist.
Mir persönlich war die Story manchmal ein bisschen zu amerikanisch, aber das ist Geschmackssache. Das kleine schmale Taschenbuch ist eine schöne Handtaschenlektüre für zwischendurch und bekommt eine klare Leseempfehlung von mir.

Zum Autor:
Mitch Albom ist Autor des internationalen Bestsellers "Dienstag bei Morrie". Der erfolgreiche Journalist schreibt für die Detroit Free Press und unterstützt soziale Hilfsorganisationen. 


Caroline Schultz




Donnerstag, 24. Juli 2014

Backlist-Empfehlung! BLACKOUT - Morgen ist es zu spät


Autor: Marc Elsberg

von Caroline Schultz

Fasziniert blicke ich dem Wasser meiner Toilettenspülung hinterher. Bewusst knipse ich den Schalter meiner Leselampe an. Ich lausche der Stille im Haus und kann das kaum hörbare, leise Summen unseres Kühlschrankes vernehmen. Ich sitze im geheizten Wohnzimmer und war mir über die Bedeutsamkeit von elektrischer Energie in unserem zivilisierten Leben nie klarer als in diesem Moment, da ich meine Lektüre – den Katastrophenthriller Blackout von Marc Elsberg - beendet habe.

In Mailand erlöschen plötzlich die Ampellichter, Autos prallen aufeinander, Blech- und Personenschäden entstehen durch einen simplen Stromausfall. Mittendrin steckt der Italiener Piero Manzano, auch ihm bleibt eine üble Platzwunde am Kopf nicht erspart. Mit Dynamik werden die ersten Sekunden und Minuten des aufkeimenden, europaweiten Blackouts erzählt. Noch ahnt die Bevölkerung nicht, dass es sich um einen der größten Terroranschläge aller Zeiten handelt, noch denkt jeder, dass die Vorkommnisse von kurzer vorübergehender Dauer sein werden.

Marc Elsberg erzählt wie mit jeder Stunde, jedem Tag, jeder Woche die gesamte und die persönliche Katastrophe für die einzelnen Menschen immer weiter voranschreitet. Am Anfang sind es nur die alltäglichen Kleinigkeiten, die nicht mehr vorhanden sind. Kartenzahlung wird unmöglich, Geldautomaten arbeiten nicht mehr. Tankstellen können keinen Kraftstoff pumpen und verkaufen. Der Weg in den Skiurlaub wird zum Abenteuer. 

Er beschreibt wie technisches Personal in Kraftwerken verzweifelt gegen rätselhafte Ereignisse kämpft und die Stromversorgung Netzweit zusammenbricht. Er blickt in die politischen Entscheidungszentralen, die träge und unfähig im Angesicht der unkalkulierbaren unüberschaubaren Katastrophe, zögerliche Hilfsmaßnahmen einleiten. Dazwischen ermittelt der ehemalige Hacker und sympathisch gradlinig beschriebene Italiener Piero Manzano. Er ist der Held, der die ersten Anzeichen für einen Terrorangriff entdeckt. Er ist der Held, der die Information an die richtigen Stellen bringt und trotzdem auf Grund seiner Hacker-Vergangenheit doch selbst in Verdacht und ins Kreuzfeuer gerät. An seiner Seite - eine ehrgeizige und toughe amerikanische Journalistin, die loyal zu ihm hält und erkennt, dass der Italiener der einzige Hoffnungsträger im Kampf gegen die terroristischen Machenschaften ist.
Mal kämpft Europol gemeinsam mit Manzano, mal kämpft Europol gegen ihn. Raumgreifend erzählt Marc Elsberg von unsicheren Atomkraftwerken, gescheiterten Dieseltransporten, Notunterkünften, dem Kampf um Lebensmittel und Wasser in allen Teilen der Bevölkerung. Wo am Anfang noch gegenseitige Hilfsbereitschaft steht, entwickelt sich Überlebenskampf und Kriminalität.
Dem Buch liegt eine derart meisterhafte Recherchearbeit zugrunde, dass es Marc Elsberg mühelos gelingt ein absolut realistisches und vollständiges Katastrophenbild in den Köpfen der Leser zu platzieren. Aber Elsberg kann viel mehr, mit Spannung treibt er die Jagd auf die Attentäter voran und auf einer irrwitzigen Reise, voller prägender Erlebnisse kämpfen die beiden Helden sich Schrittchenweise vorwärts.

Das Buch strotzt vor Informationen und Schauplätzen und erfordert, trotz Spannung und brillant entfaltetem Szenario vom Leser eine gewisse Beharrlichkeit. Ich habe ein Weilchen dafür gebraucht, aber die Zeit war gut investiert.

Ich bin sicher Roland Emmerich steht schon in den Startlöchern um dieses Buch auf die ganz große Kinoleinwand zu bringen. Es wäre der perfekte Stoff für ihn.





Caroline Schultz