Donnerstag, 31. Dezember 2020

Das Lesejahr 2020 - Fünf Bücher, die mein Jahr reicher gemacht haben!

Zum Jahresende haben die Buchblogs wieder Konjunktur in den sozialen Medien und teilen in langen Bücherlisten ihre Lesehighlights oder Flops. Ich gehöre weder zu den besonders schnellen, noch zu den  ausgesprochenen Viellesern. Ich lese stetig und aus Interesse, wichtig ist mir was im Kopf bleibt!

Meine fünf Lieblinge im  Bücherjahr 2020

sehen daher so aus:

Troubled Blood (Robert Galbraith) J.K. Rowling (alias R. Galbraith) sticht mit ihrem jüngsten Werk jeden anderen britischen Krimiautor weit aus. Mehr klassische Kriminalgeschichte, verwoben mit satter Romanhandlung über ihre liebenswerten und besonderen Figuren, kann es nicht geben. Ich liebe die Strike Romane allesamt! Der dicke Wälzer über einen alten Vermisstenfall im Londoner Clerkenwell hat mich bestens durch den Herbst begleitet. 


Die Detektive vom Bhoot Basar (Deepa Annapara)
 waren für mich eine absolute Erfrischung. Sprachlich war das Buch ein Freudenfest. Gute getan hat mir das  Abtauchen in eine andere Kultur mit anderen Sorgen, ein Mitfiebern in einem Kriminalfall und einer Geschichte die auf einer wahren Begebenheit beruht. Ein wichtiges und tolles Buch und einer jungen unverbrauchten Sicht auf gesellschaftlich verfahrene Strukturen.


Über das Leben und das Schreiben (Stephen King)

war in 2020 für mich ein ebenso wichtiges, wie schönes und unterhaltsames Werk. Es ist eine Biografie über die Kindheit und Werdegang des Autors und gleichzeitig ein sehr nützlicher Schreibratgeber, der auf besondere Weise motivierend wirkt. King gibt praktische Beispiele, zeigt  aber vor allem, wie wichtig es sein kann einen langen Atem zu behalten und sich von der schönsten Sache,  neben dem Lesen,  nicht abbringen zu lassen. 

Todesfrist (Andreas Gruber) ist keine Neuheit. Im Gegenteil, der Krimi ist von 2013 und ihm folgen eine Menge weiterer Bände, die im Buchhandel mit sehr guten Rezensionen glänzen. Mir hat der Thriller gefallen. Figuren, Handlung und Setting waren glaubwürdig, ausbalanciert, geschickt zusammengesetzt und so spannend, dass ich sicher noch mehr aus der Feder von Andreas Gruber lesen werde.




Blackbird (Matthias Brandt)
 Die Geschichte spielt ungefähr in den frühen Achtziger Jahren, als Schallplatten und Freundschaft noch das Größte waren. In dieser Zeit erlebt Motte die erste Liebe, aber sein Leben gerät an vielen Stellen aus den Fugen. Eiskalt trifft ihn die Nachricht von der Krankheit seines besten Freundes Bogi. Selbst die Trennung seiner Eltern kann er irgendwie hinnehmen, wäre nur die Krebskrankheit seines besten Freundes nicht so verkehrt und hinterhältig. Bei seinen Abenteuern auf dem Weg durch seine Jugendzeit bleibt eine Leere, die Bogi hätte füllen sollen, wäre alles nach Plan gelaufen. Doch der kann den Krebs nicht besiegen. Ein leises Buch über das große Thema Freundschaft, angesiedelt in einer Zeit die sich heute niemand mehr ausdenken kann, wenn er sie nicht selbst miterlebt hat.


Egal was ihr gerne lest, genießt es, denn es ist das beste Hobby der Welt. Wenn wir alle ruhig in unseren Lesesesseln und Sofaecken sitzen bleiben, dann schaffen wir jeden Lockdown und am Ende sogar das Corona Virus.

Bleibt alle Gesund und kommt gesund und fröhlich in das neue Jahr 2021! Möge es viel viel besser werden als 2020. Alle guten Wünsche dafür!!

Eure Caroline






Freitag, 30. Oktober 2020

Viel mehr als ein indischer Kalle Blomquist - Die Detektive vom Bhoot-Basar (Deepa Anappara)

Die besten Bücher begegnen mir immer per Zufall! So war es auch mit diesem. Wegen seiner kräftigen pinken Farbe stach es einfach auf dem Büchertisch mit den Neuheiten hervor, obwohl nur drei Exemplare darauf lagen. Das Cover, der Klappentext und dann noch das Meinungsprädikat von Ian McEwan waren mehr als genug Gründe, dass ich es kaufte und mich schnell auf den Heimweg zu meinem Lesesessel aufmachte. 
(Mit freundlicher Genehmigung des Rowohlt Verlages)


Das Buch hatte mich gefunden und jetzt fand ich mich mühelos in die Geschichte vom neunjährigen Jai, seiner klugen Freundin Pari und dem loyalen Freund Faiz, die gemeinsam ihr kindliches "Fernsehwisssen" nutzen, um als Detektive auf die Suche nach einem vermissten Mitschüler zu gehen.

Wie ihr schon ahnt, hat mich der Lesestoff vollständig überzeugt und jetzt sitze ich hier vor meiner Tastatur und möchte mich zur leidenschaftlichen 'Empfehlerin' und Verfechterin dieses Buches machen, denn ich erlebe auf den Bestsellerlisten immer die gleichen, teils lahmen, teils mehr oder minder spannenden Autoren.

Mit "Die Detektive vom Bhoot-Basar" hingegen halte ich ein Werk in der Hand, dass ich beim Lesen als außergewöhnlich, erzählerisch herausragend und vor Kreativität strotzend empfand. Meinem Empfinden nach gehört so ein Buch auf alle Büchertische und in die Hände aller Leser*innen weltweit.
Demzufolge auch unbedingt auf die bekannten Bestsellerlisten. 
An der Relevanz des Themas gibt es keinen Zweifel, da der Roman auf einer wahren Begebenheit beruht und seine kulturvermittelnde Kraft uns allen viel zu geben vermag. 

Die Autorin erzählt bunt und nimmt die Leser dabei mit in den Alltag der Kinder und Familien. Gemeinsam steht man in den Schlangen vor dem Toilettenhaus, sitzt in der Schulklasse, sieht den Dreck auf der Schuluniform, kämpft sich durch undurchdringlichen Smog, erlebt Düfte und Geräusche des Bhoot-Basars, isst Rotis und Dal in engen 1-Zimmer Häusern und hört die Meinung der Erwachsenen auf der Straße.

In dieser Welt, einem Armenviertel, dem Basti, am nördlichen Stadtrand, versuchen sich drei Kinder als Detektive, da die Welt der Erwachsenen keinen Halt und Verlass mehr bietet. Immer mehr ihrer Mitschüler verschwinden spurlos, doch die korrupte Polizei kassiert ohne Skrupel Bestechungsgelder, unternimmt jedoch nichts gegen die anwachsenden Vermisstenfälle. Stattdessen sprechen sie Drohungen aus und verhaften voller Vorurteile die unschuldigen Familienmitglieder der Bewohner. 

Deepa Anappara täuscht nicht über die sozialen Spannungen und den Ernst der Lage hinweg, doch sie ist eine Kennerin der Lebensumstände und schafft es mit einer positiven, leichten Sprache aus einer jungen Perspektive, den Lesern das harte und auch teilweise aussichtslose Leben der Menschen im Basti näherzubringen und den Kriminalfall aufzuklären.

Ungeachtet der realen Hintergründe hat dieser Roman die Fähigkeit zu unterhalten, ist spannend und ermöglicht der Leserschaft, problemlos in eine andere, exotische Welt abzutauchen. Dabei können aktuelle Pandemieprobleme gerne mal vergessen werden.

Generell bin ich geizig mit Sternebewertungen und meistens lasse ich dann etwas Luft nach oben, aber diesem Werk möchte ich, ohne zu zögern, die höchste Bewertung  - also 5 Sterne - geben.

Euch allen viel Spaß beim Lesen!

Eure 

Caroline





 

Donnerstag, 7. Mai 2020

Hängepartie - Von Mord zu Mord mit Nicci French


Habe ich gesagt, dass ich das vergangene Jahr nicht so prickelnd fand? Ehrlich? Das möchte ich bitte ausdrücklich zurücknehmen, denn dieses Corona-Jahr schlägt alles bisher da Gewesene. Aber wer will sich schon dauernd mit dieser blöden Pandemie beschäftigen? Jeder Tag ist Lebenszeit, auch in Krisen, darum will ich mich lieber meinem Lieblingsthema, den Büchern zuwenden. 
Eigentlich sollte man meinen, dass ich jetzt 24 Stunden am Tag nicht mehr aus dem Lesesessel herauskomme, aber ganz so ist das dann auch nicht, denn ich hatte in letzter Zeit Mühe die richtigen Bücher für mich zu finden. Mein "wildes“ hin- und her lesen, möchte ich heute mal mit euch bequatschen. Vielleicht ist mein Kopf einfach woanders, oder die Bücher sind dann doch nicht so ganz das Gelbe vom Ei? Helft mir, das herauszufinden
.
Beginnen wir mit der Wochentage Reihe von Nicci French. Ich bin ein Krimifan, auch wenn das Genre hier im Blog nicht ganz so präsent ist. In meiner Jugendzeit las ich mich durch jede Menge Scharfsinn aus der Feder, der wunderbaren Agatha Christie, weshalb ich heute kritisch und streng bei der Beurteilung eines guten Krimis oder Thrillers bin. Wenn er mich nicht packt, nicht überrascht, oder zu krasse logische Schwächen hat, dann wird er schnell gegen ein anderes Buch getauscht. Ich will Bücher nicht auf Biegen und Brechen zu Ende lesen, ich will sie genießen.
Vor einem halben Jahr etwa, häuften sich plötzlich die Hinweise aus dem Freundeskreis, dass die Nicci French Reihe, beginnend mit "blauer Montag", rund um die ermittelnde Psychologin Frieda Klein, eine prima Lektüre sei. Ich probierte es aus. Mir gefielen der "Montag" und der "Dienstag" sehr, und der Mittwoch war auch ok. Jetzt stecke ich allerdings im Donnerstag (Im Donnerstag blieb auch eine gute Freundin von mir stecken) und ich finde die Krimis zunehmend oberflächlich. An vielen Stellen habe ich das Gefühl, das der Text vielleicht schlecht übersetzt worden ist. oder es sind andere Gründe, weshalb die Handlung derart kraftlos daherkommt.
Aber davon abgesehen wirken die Charaktere im Buch und die Beziehungen der Protagonisten flach, konturlos und unvollständig auf mich. Frieda Klein scheint eine immer kältere Person zu werden. Mir fehlen z. B. die emotionalen Fundamente, die sie mit ihren Freunden verbindet. Geht euch das auch so? Oder nehme ich das irgendwie nicht richtig wahr? Habe ich irgendwas verpasst? Trotz meiner Wahrnehmung, hoffe ich, dass es ab dem "mörderischen Freitag" mit der Spannungskurve wieder bergauf geht und die ganze Reihe mit dem letzten Band "Der achte Tag" dann einen übergreifenden Sinn erhält, der zu einem spannenden Ende führt - so wie ich es in den Empfehlungen gehört habe. Soll ich also bis zu Schluss durchhalten und weiterlesen? Vielleicht lohnt es sich? Was meint ihr? Ich freue mich auf euer Feedback.

Liebe Grüße, Eure Caroline

Dienstag, 14. Januar 2020

Liebe "Buch und Literatur" Freunde,

ihr hattet jetzt ein ganzes Jahr 'Ruhe' vor meinen Leseerlebnissen und Berichten rund um meine Buch- und Messeeindrücke. Schimpft bitte nicht zu doll mit mir, denn 2019 war beruflich tendenziell ein unglückliches Jahr, so dass mir nicht der Sinn nach bloggen stand. Trotzdem habe ich natürlich sehr gerne und viel gelesen und sobald ich mich daran erinnert habe, welche Bücher das alles waren, schreibe ich euch einen kleinen Jahresrückblick hier hinein!
Für alle, die sich mehr wünschen, denen möchte ich meinen Instagram ans Herz legen, denn dort melde ich mich mit dem #bookstagram oder #Instabooks häufiger mal zu Wort.

..so und nun mache ich erst mal mit anderem Schreibkram weiter...

Bis bald 

Eure Caroline

Sonntag, 30. Dezember 2018

Mein Bücherjahr 2018 - Highligts und was so war..



Im Moment sehe ich vielerorts Zusammenfassungen über die persönlich besten Bücher des Jahres 2018. Eine schöne Idee das Bücher-Jahr so abzuschließen. Für mich waren die Weihnachtstage ja leider vor allem durch Mandelentzündung und Erkältungskrankheit geprägt, so dass ich da nur wenig Literarisches von mir geben konnte. Noch eine Grund mehr also, um diesen Trend einer Bücher- Summary 2018 aufzugreifen und ein bis zwei Sätze zu jedem Buch zu sagen








Beim Zusammensuchen meiner Bücher ist mir aufgefallen, dass noch ein paar Exemplare im Freundeskreis verliehen sind, andere habe ich auf dem E-reader (meinem liebsten Tolino) gelesen.
Wundert euch also nicht, wenn das Foto etwas schlanker aussieht, als der nachstehende Text.

Rattatam mein Herz - Franziska Seybold ❤

Humorvoll, aufschlussreich und mutig geschriebene Selbsterfahrungs-Erzählung zum Thema Angststörung.

Zeugin der Toten - Elisabeth Herrmann ❤

Deutsche Vergangenheit, Agenten und eine mit allen Wassern gewaschene Tatort-Cleanerin.

Stimme der Toten - Elisabeth Herrmann ❤

Fortsetzung mit der Cleanerin Judith Kepler. Klärt einen Mord und die Verwicklungen in ihrer Vergangenheit.

Die Geschichte des verlorenen Kindes - Elena Ferrante

Der letzte Band der Saga lässt mich mit Fragezeichen im Bauch zurück. Insgesamt sind die Bücher wunderbare Zeitpanoramen und voller italienischer Momente, die ich sehr genossen habe. Band vier ist jedoch wie Italien selber: Alles bröckelt, voller Mafia und politischer Unordnung. Der Verlust des Kindes lässt Lina fast zerbrechen, ihre Freundin Lena lebt ihr Leben für mein Empfinden eigenartig unempathisch und ich-zentriert weiter.

Die Geschichte der Bienen - Maja Lunde

Ein interessantes Thema: Die Story hat neben ihren Stärken leider viele Schwächen und viel bei mir teilweise und bei meinen Lesekreis-Damen vollständig durch.

Frauen dürfen hier nicht träumen - Rana Ahmad ❤

Ein biographischer Roman über die Flucht aus dem Gottesstaat, der sehr erhellend Einblick in die Welt der Frau in Saudi Arabien gibt. Ein wichtiges Buch, dass nebenbei bemerkt auch sehr spannend war.

Die Physiker - Dürrenmatt

Klassiker über drei Physiker in einer Irrenanstalt. Anregend für eigene Gedankengänge.

Curtis Sittenfeld - Vermählung

Nacherzählung von Jane Austens berühmten ''Stolz und Vorurteil' in ein modernes amerikanisches Setting eingebettet. Unterhaltsam und modern.

Mama Tandoori - Ernest van der Kwast 

Humorvoll, übertrieben ebenso wie still und ernst. Volks- und Kultur-übergreifende Holländisch-Indische Geschichte. Vielleicht nehme ich mir als nächstes mal "Die Eismacher" oder "Vier Viertelstunden bis zum Meer" vor, denn der Autor hat eine schöne Sprache.

Genki Kawamura - Wenn alle Katzen von der Welt verschwänden

Einem todkranken Postboten erscheint der Teufel. Kurzweilige Parabel um die waren Werte im Leben.

Leon und Louise - Alex Capus ❤

Mein Großvater mütterlicherseits hatte beide Weltkriege (als Soldat) miterlebt. Eine Epoche die uns bis heute beeinflusst und in Erinnerung bleiben muss. So griff ich zu diesem Roman, der so schön die Liebe zwischen zwei Kriegen in Frankreich erzählt, aber auch Ängste, Überlebenskampf und die Besatzungszeit vor das innere Auge holt.

Die sieben Schwestern - Lucinda Riley

Ja ich geb zu, manchmal lese ich auch leichte Kost. Für die Urlaubsliege war es die passende Entspannung. Es steht viel drin und ist gut erzählt; trotzdem rauf- und runter muss ich ihre Bücher jetzt nicht lesen. Kann jeder halten wie er will.

Die Ermordung des Commendatore - Haruki Murakami

Ich habe erst drei Bücher von Haruki Murakami gelesen und bin bestimmt keine Kennerin seines Gesamtwerkes, doch ich höre immer wieder Stimmen, dass seine älteren Werke die besseren sind. "Eine Idee erscheint" ist der erste Teil der Reihe "Die Ermordung des Commendatore". Eine vor sich hin plätschernde Geschichte um einen Porträtmaler in den Bergen Japans und einen eigenartigen sehr wohlhabenden Auftraggeber. Ich mag den entspannten Erzählstil und die ruhige Genauigkeit mit der alles beschrieben wird. Für mich war es ein langsames Buch, ich konnte es nicht schnell lesen und teilweise hat mir der mystische, Fantasy-Anteil in dem Roman nicht so gut gefallen. Am Ende spitzt sich jedoch alles zu, so dass ich eigentlich wissen möchte, wie es in Band 2 nun weitergeht!? Ich muss noch eine Weilchen darüber nachdenken ob ich weiterlese..

Der nasse Fisch - Volker Kutscher

Ganz anders als die TV Serie Babylon Berlin. Gereon Rath ist nicht so drastisch traumatisiert und auch wesentlich robuster als in der Serie. Berlin in den Zwanzigern wird lebendig. 

Leere Herzen - Juli Zeh ❤

Visionärer Roman über die nahe Zukunft und desillusionierte Menschen darin. Überraschend und sehr spannend.

Neujahr - Juli Zeh ❤

Roman über einen Mann, seine Familie, sein Rollenbild und seine prägende Vergangenheit.
Kompakt und mitreißend. Spielt auf Lanzarote.

Unterleuten - Juli Zeh ❤

Roman über ein brandenburgisches Dorf, das friedlicher wirkt als es ist. Großartig aus wechselnden Perspektiven erzählt. Enthüllt menschliche Abgründe.

Die Erfindung der Flügel - Sue Monk Kidd

Eine runde Geschichte über den Kampf gegen die Sklaverei und die Unterdrückung der Frauen in Charleston in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Alles beginnt damit, dass die Gutsbesitzer-Tochter Sarah zu ihrem 11. Geburtstag ein Sklavenmädchen als persönliche Dienstmagd geschenkt bekommt. Sarahs Versuche Hetty (Handful) die Freiheit zu schenken, werden von den Eltern verhindert, doch zumindest kann sie ihr heimlich das Lesen beibringen. Gut recherchiert und fundiert erzählt. 

Der Trafikant - Robert Seethaler ❤

Ein Junge vom Attersee lernt bei einem Zeitungsverkäufer im Wien der 1930er Jahre. Dabei begegnet ihm Professor Sigmund Freud und er macht die ersten Erfahrungen in der Liebe. Ein wunderbares Buch über die erste Liebe und eine schwere Zeit, in der ein junger Bursche eine redliche und aufrechte Haltung bewahrt. Traurig aber wunderbar.


Das war sie die Summary für 2018 - danke fürs vorbeikommen und reinlesen! Ich freue mich auf euch im neuen Jahr.

Ich wünsche allen einen guten Rutsch und ein gesundes und glückliches Jahr 2019 !!

Beste Grüße,

Caroline














Mittwoch, 26. Dezember 2018

Juli Zeh - Neujahr und Unterleuten - im Doppelpack

(c) Luchterhand




Ich kann dieses Jahr nicht verstreichen lassen, ohne ein paar Worte über die Bücher von Juli Zeh zu verlieren, denn die Lektüre ihrer Romane ist ein bisschen so, wie eine neue Brille aufzusetzen, mit der man dann endlich alles richtig scharf sehen kann! Und was gibt es zu sehen? Eine Menge, soviel steht fest: Ihre Ideen sind abgedreht, ihre Bücher voller Überraschungen und stichhaltiger Tatsachen, voller echter Menschen und deren Abgründe.
Sie seziert die Dilemma der Gesellschaft und baut daraus Geschichten zusammen, in denen man sich wiederfindet und auch wieder nicht. Ich war sehr erfreut und finde es super verdient, dass sie nun vor ein paar Tagen zur ehrenamtlichen Verfassungsrichterin in Brandenburg berufen wurde. Eine bessere Besetzung, als einen derart klarsichtigen Menschen, wie Juli Zeh kann es für dieses Amt kaum geben. Ihr merkt schon ich bin ein Fan und wiederhole mich da ein bisschen... Weil ich erst kürzlich über 'Leere Herzen' geschrieben habe, sollt ihr nun meine kurzen Zusammenfassungen zu ihrem aktuellen Buch: "Neujahr" und dem etwas länger bekannten "Unterleuten" lesen dürfen. 



Neujahr




Als Henning den Jahreswechsel mit seiner Familie, auf Lanzarote verbringen will, scheint es zunächst ein ganz normaler Familienurlaub zu werden. Die noch sehr kleinen Kinder fordern ihre Eltern aufs Äußerste und Silvester wird dementsprechend verhalten gefeiert. Ein gemeinsames Glas Rotwein kann die Atmosphäre nicht mehr retten, welche durch diverse Kontroversen schon den Bach runter ist. Am nächsten Tag - Neujahr - steigt Henning schon sehr früh aufs Rad, um die Insel zu erkunden. Vielleicht ist der Wunsch der Situation zu entkommen so groß, dass er Wasser und Proviant vergisst, um mit seinem nicht ganz geeigneten Tourenrad eine weite Strecke bis zur Spitze des Berges zu bewältigen. Mit der Rotation der Pedale, rotieren auch Hennings Gedanken. Er denkt an das Arbeitspensum, dass so groß ist, dass er es kaum packen kann, wenn er den Job mit den erwartbaren familiären und persönlichen Anforderungen in Einklang bringen will. Doch mit jedem Meter Steigung und jeder Kurve wird klar, seine Sorgen gehen weit darüber hinaus. Frust und Zorn kommen an die Oberfläche, seltsame Gedankenbilder überfallen ihn unterwegs. Als er oben auf dem Gipfel angelangt ist, erlebt er eine tiefgreifende Überraschung, die so nicht vorherzusehen war. Es ist leider unmöglich mehr von der Geschichte zu verraten, ohne die Lesefreude zu verderben. Der Roman ist sehr kurz, aber auch sehr prägnant und die Geschehnisse sind folgenreich für Henning. Empfehlung!




Unterleuten

(c) btb Verlag

Meine Tante schickte mir diesen Roman zum Geburtstag und in ihrer Grußkarte schrieb sie in nachdrücklichen Worten: "Dieser Roman will unbedingt gelesen werden! Es ist wichtig, dass du dieses Buch auf jeden Fall liest. Falls du es schon kennst, dann gibt das Buch bitte weiter, damit es jemand anderes lesen kann." Was mag sich schon hinter so einem schlichten weißen Buchdeckel mit einer kümmerlichen Vogel-Kreatur darauf verbergen?

Eine vielschichtige und spannende Dorfgeschichte aus dem Dorf Unterleuten. Eine ländliche Idylle vor den Toren Berlins, oder doch ein übler Ort, an dem so manches faul ist?

Das Buch ist bereits 2010 entstanden und betrachtet Wende, Infrastrukturentwicklung, gesellschaftliche Umbrüche einmal aus der Perspektive einer Dorfgemeinschaft. Die Autorin wechselt mit jedem Abschnitt die erzählenden Person und so erlebt der Leser die Geschichte durch viele Augen: Die der Vogelschützter, Automechaniker, Bürgermeister, Neubürgerinnen und Neubürger, Alteingesessenen, Ehefrauen usw. Jeder Blickwinkel ist anders und jeder beharrt auf seiner richtigen Wahrnehmung. Die Antwort darauf was wahr ist und was nicht, das bleibt an vielen Stellen offen. Die Wahrheit liegt oftmals im Auge des Betrachters. Die Geschichte um den Bau eines Windparks und die mutmaßlichen Gewinner dieser Aktion spitzt sich dramatisch zu, bis es zu einem tragischen und perfiden Ende kommt.. 
Das Buch ist mit viel Kenntnisreichtum und Sorgfalt geschrieben und darüber hinaus wirklich spannend. Ein paar kleine characterbezogene Wendungen kaufe ich ihr bei 1-2 Figuren nicht ab, dass ist aber vor allem Geschmackssache. Letztendlich ist die Geschichte genau so grotesk und genau so spannend wie sie sein sollte, um ein geniales Buch zu sein.
Vermutlich steht es bereits bei dem einen oder anderem im Bücherregal, oder liegt noch auf dem einen oder anderen 'Stapel ungelesener Bücher'. Ein kluges und bereicherndes Buch, das ich hiermit unbedingt empfehlen möchte. 

Blaues Sofa - Special von der Frankfurter Buchmesse 2018 - Michelle Hunziker


Michelle Hunziker bekannt als Moderatorin, Model, Mutter, und Exfrau des italienischen Schmusesängers Eros Ramazotti. Michelle Hunziker ist eine vielseitige Persönlichkeit, jeder kennt die schöne Schweizerin zumindest aus einigen Folgen der deutschen Fernsehshow "Wetten Dass" mit Thomas Gottschalk!!
Als Buchautorin ist sie nun ganz neu im Geschäft und war in Frankfurt auf dem blauen Sofa: Ihre Geschichte verdient es erzählt zu werden. 

Viele Menschen sehen im TV genauso aus wie im Fernsehen, bei Michelle Hunziker hatte ich den Eindruck, dass sie live einfach noch hübscher und strahlender wirkt, als auf den Titeln der Hochglanzmagazine oder vor der Fernsehkamera.
Vielleicht lag ihre ungeheure Ausstrahlung aber auch an der Leidenschaft, mit der sie ihre Geschichte - ihr Buch "Ein scheinbar perfektes Leben" auf dem Blauen Sofa, im Gespräch mit Matthias Hügle, präsentierte.

Michelle Hunziker spricht über ihre Kindheit und ihrem alkoholsüchtigen Vater, der ihr oft wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde vorkam. Sie erzählt geradeheraus, wie sich als Kind abgelehnt und ungeliebt fühlte, da sie ihren Vater nicht vom Trinken fernhalten konnte. Die mit der Alkoholsucht des Vaters, belastete Mutter, musste viel Arbeiten und für alles allein sorgen. 

Die Wunden, welche Michelle Hunziker als Kind entstanden sind, haben sie später eingeholt. Sie versuchte ihre Kindheitstrauma unter den Teppich zu kehren, doch als 21-jährige Frau ging es ihr dabei nicht mehr gut. Das war genau der Moment, als eine Frau  auf der Bildfläche erschien und ihr vormachte für sie da zu sein. Systematisch gewann diese Frau das Vertrauen der jungen Michelle Hunziker, nutzte ihre Schwächen aus und trennte sie immer mehr von ihrer Familie. Michelle Hunziker wurde systematisch eingefangen und die anfängliche 'Prana Therapie' wurde ausgeweitet, wie zu einem Glauben. Ein ganzes Netzwerk von Menschen kontrollierte nach und nach, Michelles Leben in immer größer werdendem Ausmaß. Die Geschichte dauerte fünf Jahre und die Personen innerhalb dieser Sekte wurden dann von ihr auch (als Angestellte ihrer Agentur) bezahlt. Sie nahmen ihr Geld und kontrollierten sie vollständig. Michelle Hunziker hatte nicht einmal mehr Gewalt über die Nachrichten auf ihrem Handy. Besonders bitter war, ihre Mutter konnte keinen Kontakt mehr zu Michelle herstellen, so dass sie selbst den Eindruck bekam, dass ihre Familie sich abgewendet hatte.  Den Auslöser zu einer Abkehr von den falschen Freunden und einer Flucht aus dieser Sekte gab ihre eigene Tochter. Das Buch handelt davon, wie sich sich mit Hilfe ihrer Tochter, einer Helferin und der Rückkehr zu ihrer wirklichen Familie aus der Sekte lösen konnte. 
(c) Caroline Schultz
(c) Caroline Schultz

(c) Caroline Schultz







Heute unterstützt die Moderatorin nach eigener Aussage, andere Menschen, die in Italien zu Sektenopfern wurden und aussteigen möchten.




Gebundes Buch
Lübbe Verlag
20 Euro

Sonntag, 21. Oktober 2018

Fotostrecke 1 Frankfurter Buchmesse 2018 -- Beyond Words -- #fbm18

Baum am Bastei Lübbe Stand

Dennis Scheck bei seiner Buchauswahl (Die Wurzeln der Welt / Hanser) Best of Druckfrisch von der FBM18

Neu: Frankfurt Pavillion

Kreativer Luftballonkaktus

Autor: Wladimir Kaminer mit Kuchen bei Random House



Noch mehr Kaktus

Tolles Buch: Neujahr von Juli Zeh

Gourmet Gallery: Präsentation - Küche aus Martinique

Gourmet Gallery: Präsentation - Küche aus Martinique

Next125 Stand: Kilian Stauss

Perspektiven für den Lebensraum Küche / DVA

Mittwoch, 17. Oktober 2018

Leere Herzen - Juli Zeh -- Das geht unter die Haut!

Caroline Schultz

Juli Zeh hat eine besondere Begabung dafür, Bücher zu schreiben, die erstens völlig überraschen und zweitens fesselnd und spannend bis zur letzten Seite sind. Dabei hat jedes ihrerer Werke eine ganz eigene Daseinsberechtigung, obwohl sie alle untrennbar mit unserer Gesellschaft und der Rolle der Menschen darin verbunden sind.

Inhalt
In "Leere Herzen" geht es um eine fiktive nahe Zukkunft im Jahr 2025. Angela Merkel ist längst nicht mehr im Amt, Donald Trump hingegen ist unvermutet Retter auf internationalem Parkett. Das Besorgte-Bürger-Bündnis schafft nach und nach jegliche Form von Mitbestimmung und Demokratie ab, und so geht es weiter... In dieser Gesellschaft hat sich die völlig desillusionierte und pragmatische Britta Söldner und ihr Geschäftspartner Babak Hamwi erfolgreich eingerichtet. Die ausgebildete Heilpraktikerin ist mit Richard verheiratet, Mutter einer Tochter und bietet in ihrem Therapiezentrum "Die Brücke" eine besondere Form der Behandlung an. Doch niemand ahnt, was hinter dieser Fassade wirklich geschieht. Tatsächlich betreiben Babak und Britta ein lukratives und gefährliches Geschäft mit dem Tod. Ehemann Richard ist mit seinen Geschäften wenig erfolgreich, so dass er auf Britta, die für das Familieneinkommen sorgt, angewiesen ist. Eines Tages geschieht das unvermeidliche, "Die Brücke" bekommt unliebsame Konkurrenz und schließlich geraten Babak, Britta und ihre Familie in Lebensgefahr. 


Ich möchte hier lieber nicht mehr verraten, denn ich finde diese Buch liest sich am besten, wenn man es ein wenig unbedarft und ohne große Erwartungen in die Hand nimmt. Dann findet man auf jeder Seite Anspielungen und prägnante Sätze die allzu treffend sind für die momentane gesellschaftliche Situation und den Weg den wir scheinbar eingeschlagen haben. Juli Zeh ersinnt eine Dystopie, die erschreckenderweise überhaupt nicht absurd, sondern völlig nachvollziehbar und denkbar ist. Trotzdem bleibt sie jederzeit klar in ihrer Haltung und appelliert mit dem Roman vor allem an unsere eigene politische Verantwortung. Was ist uns unsere Demokratie wert, was sind ihre Grundpfeiler und wie können wir diese schützen? Bestimmt nicht, in dem Menschen aus Desinteresse den Wahllokalen fernbleiben. Der Buchtitel "Leere Herzen" hat in der Geschichte einen konkreten Bezug zur Handlung, dient aber gleichzeitig als Metapher für eine deutsche Gesellschaft voller gleichgültiger, leidenschaftsloser und oberflächlicher Menschen. 


Es mag Stimmen geben, die sagen, dass andere Bücher von Juli Zeh besser gefallen; Ich mag bisher jedes ihrer Bücher sehr und finde, dass jedes Einzelne eine eigene Aufgabe hat und für sich allein sprechen kann und wie der Volksmund so schön sagt, man kann Äpfel nicht mit Birnen verglichen. (z. B. auch das hier: Nullzeit)

Fazit
Ein Buch das ich hiermit vollständig und nachdrücklich empfehlen möchte.

Am besten direkt loslesen, denn es gibt schon wieder einen neuen Juli Zeh Roman (Neujahr) der ebenfalls lesenswert ist. 

Schöne Grüße aus dem Lesesessel

Caroline



Montag, 15. Oktober 2018

Special One - Frankfurter Buchmesse 2018
-- Babylon Berlin -- oder "Der nasse Fisch"

Caroline Schultz

Zeitreise nach Berlin
Berlin im Jahr 1929 ist ebenso golden, wie verrucht und verbrecherisch: Die Epoche der Weimarer Republik ist eine Zeit der politischen und sozialen Schwierigkeiten. Kriegstrauma und Armut in der Bevölkerung stehen in scharfem Kontrast zu Freizügigkeit, Glanz und Lebensfreude. Ein Hintergrund der sich bestens für eine gelungene Kriminalgeschichte aus der Feder von Volker Kutscher eignete, der 2007 seinen Roman "Der nasse Fisch" (bei KiWi) veröffentlichte. Das Buch ist seit Jahren ein Dauerbrenner, so dass Filmemacher Tom Tykwer nicht daran vorbeikam und mit seinen Kollegen Achim von Borries und Hendrik Handloegteneine außergewöhnliche, absolut sehenswerte und spannende Serie hieraus schuf. Nachdem "Babylon Berlin" bereits im Pay-TV die Zuschauer gebannt vor dem Fernseher fesselte, ist die Serie aktuell in der ARD und der ARD Mediathek zu sehen.

Frankfurter Buchmesse 2018 - BABYLON BERLIN
Der Publikumsandrang war dementsprechend groß, und ich sehr froh einen guten Platz ergattert zu haben, als Autor Volker Kutscher am Donnerstagmittag dann zum Podiumsgespräch mit Bärbel Schäfer auf der ARD Bühne der Frankfurter Buchmesse erschien.



Autor Volker Kutscher auf der ARD Bühne FBM18
Der sympathische Rheinländer stellte sich den Fragen der Moderatorin hinsichtlich seines Arbeitsstils und sagte, dass er gerne etwas Druck zum Schreiben hat: "Es ist gut wenn einem der Lektor schon ein bisschen im Nacken sitzt, etwas Zeitdruck muss sein."

Seine Romane sind alle detailreich was Bärbel Schäfer als Grund anführt, um Volker Kutscher zu fragen, wo er die Zeit beim Schreiben verliert? Ist es die Recherche? Oder anderswo?
Kutscher erklärt, dass er die meiste Zeit für den Anfang braucht, da er nur sehr grob "plottet" und dann noch vieles neu ist.
Seine Figuren bekommen erst während des Schreibens ihre genauen Konturen.
Per Bauchentscheidung ändert er z. B. Namen, probiert aus und entscheidet dann.
Er hat eine grobe Vorstellung, wie jemand sein soll, aber die Feinheiten kommen erst während des Schreibens. Kutscher sagt: "Ich brauche für die erste Hälfte eines Romans immer länger als für die Zweite!"

...seine Romane machen süchtig
Bärbel Schäfer spricht aus, was alle denken: Babylon Berlin macht süchtig und Volker Kutscher muss seine Leser mit weiterem Stoff versorgen. Wie sieht es da aus?
Das Zeitfenster der 20er Jahre ist begrenzt, wie geht es da weiter, wenn es pro Jahr einen Roman gibt?
Volker Kutscher verweist darauf, dass es sich um eine Reihe handelt, die noch nicht abgeschlossen ist. Kutscher sagt: "Es kommen noch zwei bis drei Bände - Es geht weiter, ich habe vor, noch bis ins Jahr 1938 hinein zu schreiben. Ich möchte es nicht endlos betreiben, aber das ist für mich ein historischer Punkt mit der so genannten Reichskristallnacht bzw. Novemberpogrom, wo für mich diese Geschichte abgeschlossen ist. Da ist das 'Dritte Reich' schon duster und die Dinge die noch kommen sollen... die noch viel grausameren und dusteren Dinge wie der Krieg und der Holocaust"
"Was für mich entscheidend war und der Antrieb war und immer noch ist, das ist, neben der Faszination für die 20er und für die Offenheit dieser Gesellschaft, mit dieser Experimentierfreudigkeit, die ganz einfache Frage, die mich als Historiker und Demokrat und Mensch beschäftigt; Wie konnte das passieren in Deutschland?"

Wie konnte aus der Weimarer Republik - die in meinen Augen - so schlecht gar nicht war das 'Dritte Reich' entstehen? Es gab Dinge die nicht glücklich liefen, aber sie hätte unter ein bisschen anderen Umständen eine Chance gehabt. Doch aus dieser Demokratie ist ziemlich schnell die schlimmste Diktatur geworden, die wir jemals auf deutschem Boden hatten. Diese Frage kann man historisch beantworten... aber für mich wurde die Frage "Warum" nie endgültig geklärt. Das "Warum" wurde nicht aufgelöst und ich glaube, dass man solchen Fragen durch die Fiktion viel viel näher kommen kann, selbst wenn Fiktion Personen erfindet, die es nie gegeben hat und die Dinge tun, die so nicht passiert sind. Aber ich versuche in die Köpfe hineinzugucken dieser Zeitgenossen. 

Bärbel Schäfer fragt nach, wie Volker Kutscher die Figuren findet, die seine Leser durch das jeweilige Jahr leiten.

Volker Kutscher: "Ja, wie finde ich Figuren? Ich versuche die Figuren so zu gestalten, dass ich sie auch spannend finde und was ich persönlich z. B. überhaupt gar nicht mag sind Helden, die alles können, denen alles gelingt, deren einziger Fehler es ist, dass ihnen zu viele Frauen nachlaufen. Das finde ich albern."

Bärbel Schäfer: "Gereon Rath der Rheinländer kommt nach Berlin in diese lebendige und experimentierfreudige Stadt. Es ist ein politisch spannende Zeit. In der Verfilmung gibt es einige neue Verästelungen: Beschreiben sie uns Gereon Rath!

Volker Kutscher: "Was mir wichtig war, er kommt deswegen aus dem Rheinland, weil ich wollte keinen Berliner! Ich wollte jemanden, der von außen auf diese Welt schaut, etwas fremdelt. Auch mit seinem Vornamen Gereon, der stigmatisiert ihn dauernd. Keiner kennt diesen Namen und daher wird er auch dauernd falsch angeredet. Er ist im Roman nicht ganz so extrem Kriegs-traumatisiert wie im Film. Wobei, ich die Entscheidung den ersten Weltkrieg direkt mit in die Handlung reinzuholen gut verstehe. Man war damals in der Nachkriegszeit, die Kriegsinvaliden waren überall präsent. Vom Charakter her, ist Gereon ein bisschen rheinisch, definitiv, in dem Sinne, dass er versucht sich durchzuwurschteln, was wichtig wird, wenn wir mit ihm ins Dritte Reich hineingehen. 
Weil er sich einredet ""ich bin Mordermittler und das ist jetzt nichts politisches und es ist jetzt egal wer Polizeipräsident ist, Sozialdemokrat oder Nationalsozialist. Ich mach den selben Job, was solls, ich werde schon durchkommen."" Das ist natürlich ein Trugschluss, das merkt er nach und nach. Das war mir wichtig, dass er nicht sofort politisch durchblickend ist. Er sieht sich bewusst als unpolitisch und ist charakterlich nicht ganz koscher, weil er es mit der Wahrheit nicht so ganz genau nimmt. Er kann auch ein richtiges Arschloch sein, auch gegenüber Kollegen und auch gegenüber Charlotte Ritter, seiner großen Liebe. Für mich war es wichtig ihn so darzustellen, dass man ihn dennoch mag und mitfiebert, was ihm so widerfährt. Meist schadet er sich mit seinen negativen Charaktereigenschaften selbst viel mehr, als irgendwelchen anderen Leuten."
Schmuckausgabe Babylon Berlin

Bärbel Schäfer bestätigt, dass es definitiv gelingt, dass wir mit Gereon mitfiebern und das wir mit auf die Reise gehen in dieses Berlin und mit seinen Augen sehen. Das sehen, was diese vibrierende Hauptstadt so ausmacht, politisch und auch was das Nachtleben so hergibt. Wie gelingt nun das Loslassen, als klar war das dieses Buch nun verfilmt wird?

Volker Kutscher: "Ich habe schon früh losgelassen, gleich nach dem ersten Gespräch, dass ich mit Tom Tykwer hatte, weil es direkt um Inhalte ging und Tom vor Ideen sprudelte z. B. die Szene am Paternoster, wo Charlotte und Gereon sich kennenlernen. Ich war mir sicher, da ich alle drei Drehbuchautoren und Regisseure sehr schätze, dass meine Geschichte in guten Händen ist. Ich wollte sie in ihrer Vision, die sie hatten nicht stören. Mein Wunsch war, dass sie dem Grundthema treu bleiben."
Es ging darum die Perspektive einzuhalten, denn 1929 konnte sich niemand vorstellen was passieren würde. Das war lachhaft, nicht einmal die meisten Nazis haben daran geglaubt. 
Das darzustellen, dass Zukunft immer offen ist, auch für die damaligen Zeitgenossen, dass haben sie sehr gut hinbekommen. Ich möchte meine Leserschaft in die Bücher hineinziehen, in meine Welt hineinziehen, damit man sich dort zu Hause fühlt. Sich mit den Figuren anfreundet, selbst mit Gereon, der manchmal ein Arschloch ist.
Und das haben die drei Regisseure mit filmischen Mitteln so vortrefflich gut geschafft, man wird hineingezogen in diese Welt.
(...)

Zum Schluss kann noch zusammengefasst werden, dass die Serie auch international ein Erfolg ist, es wurde nur auf deutsch gedreht, aber auch das funktioniert im Ausland. Das ist deshalb erfreulich, denn das Thema ist ja nicht nur ein deutsches, sondern das Thema ist ein internationales, betont Volker Kutscher, denn es zeigt letzen Endes die Fragilität der Demokratie!



Babylon Berlin Filmclip box
Als Fun Factor zum Thema Babylon Berlin gab es noch ein Film Box, darin konnte jeder Interessierte seine schauspielerischen Qualititäten beweisen und für wenige Sekunden Teil des Babylon Berlin Trailers werden: 
Klickt unten und seht selbst, wie gut ich in die Serie passe ....(zwinker)


















Sonntag, 7. Oktober 2018

NEUZUGANG.... und schon mal reingelesen!! - Timur Vermes - Die Hungrigen und die Satten

Timur Vermes - Die Hungrigen und die Satten (Erster Eindruck)


Vielleicht ist es ein Vorteil, dass ich "Er ist wieder da" niemals gelesen, gehört oder als Film gesehen habe. Ich war mir nie sicher, ob das so meine Art von Humor ist. Vielleicht waren mir andere Bücher auch immer wichtiger. Trotz dieser Unkenntnis erhielt ich vor kurzem ein Rezensionsexemplar des neuen Timur Vermes Romans - Die Hungrigen und die Satten!

Zögerlich steckte ich also meinen Kopf in dieses neue Buch mit dem eigenartigen Titel und dem kühlen Äußeren. Schon nach ein paar Kapiteln bin ich gepackt und überrumpelt von dem "Film", der nun in meinem Kopf abläuft! Ich bin gefesselt von der satten farbigen Sprache und der wahnwitzigen und feingeschliffenen Satire und frage mich wohin das alles führen wird...

Zum Inhalt
Europa hat sich abgeschottet, die Grenzen verlaufen mittlerweile jenseits der Sahara, so dass kein Flüchtling jemals eine Chance hat das Mittelmeer zu erreichen. An dieser Grenze befindet sich das größte Flüchtlingslager der Welt; eine Zeltstadt so ausgedehnt wie eine europäische Hauptstadt! Hier beginnt die Geschichte mit dem Flüchtling der neue Schuhe hat und jede Menge Zeit, so dass er eigentlich nach Europa laufen könnte, wäre die Sahara nicht..

Weiter geht es mit einem in der Sommerpause gelangweilten Staatssekretär, dem sein Privatleben zwischen Küchenplanung und homoxexuellem Beziehungsleben mehr abverlangt, als seine aktuelle Regierungsarbeit. Wobei 'Whats Appen' im Plenarsaal sicher nicht als Regierungsarbeit gilt.
Danach geht es ohne nennenswerte Überleitung zu einer Dame namens Nadesch Hackenbusch, eine Moderatorin bekannt für ihre Fernsehsendungen aus deutschen Flüchtlingsheimen; ein TV-Sternchen, dass die neue Margarete Schreinemakers werden will.
Die naiven TV- und Mode- Menschen wagen mit ihr als Frontfrau ein ausgedehntes Fernseh-Special aus dem größten Flüchtlingslager der Welt. Die Einschaltquoten schießen in die Höhe und Millionen von Menschen nehmen wochenlang am wahrhaftigen Geschehen im Flüchtlingslager teil. Doch kann das Team einfach wieder abreisen, nachdem ein Millionenpublikum den Alltag dort gesehen hat? Welche verrückten Dingen werden, den in Krisenregionen unerfahrenen Produktionsleuten, noch alles einfallen?
Was wird die Frauenzeitschrift 'Evangeline' darüber schreiben? Und wie kann der Staatsschutz das Schlimmste noch verhindern?

Meinung Wie soll man nun diese prall gefüllte Gesellschaftssatire beschreiben? 
Wer das liest, bekommt eine treffende und groteske Satire, bei der jeder Satz sitzt und die böse realistische Stimmung einem von hinten den Nacken hinaufkriecht. Eine Satire, die auch unsere eigene Selbstgefälligkeit unter die Lupe nimmt, dabei aber nicht belehrt, sondern köstlich unterhält!

Ich bin ja keine typische Hörbuch-Konsumentin, aber ich habe bei diesem Buch mal hineingehört und bin gleich total überzeugt!
Das Hörbuch wird von Christoph Maria Herbst gelesen, der einfach ein vielseitiger und genialer Sprecher ist  (der Einzige bei dem mir konstantes Zuhören gelingt) und die Beste Wahl für diese Genre. 

Bitte checkt es also unbedingt mal ab, ob das was für euch ist? Ich empfehle das Buch allen, die Satire und Humor mögen sehr!


Caroline