Samstag, 4. August 2012

Bleibt alles anders - Meine digitale Welt


Ich sitze in meinem Auto und höre herrliche Radiocomedy. In dem Hörsketch fällt die Frage: „Wie kann man stinkreich und gleichzeitig unglaublich beschäftigt wirken.“ Die Antwort: „Von meinen IPhone gesendet.“ sollte als Zeile unter jeder Nachricht auftauchen. „Nanu?“ denke ich.
Aber das ist doch schon Alltag. Wir sind alle mit Smartphones unterwegs, senden jede Menge Textmessages durch den Äther, kommunizieren und präsentieren uns in unseren Sozialen Netzwerken. Posten unsere Standorte und leben in einer zunehmend digitalen Welt. Wir sind weder stinkreich noch megawichtig. Es ist der Alltag von vielen. Geht das jetzt immer so weiter? Wo sind die Limits?
Bin ich mit 41 Jahren ein Dinosaurier, eine vom Aussterben bedrohte Art, weil ich meine Lektüre nicht gerne auf dem E-Reader oder dem Tablet-PC lese? Oder glaube ich nur, dass ich es nicht mag? Ich versuche es mir vorzustellen. Ganz echt. Ich sitze z. B. beim Friseur und anstelle der Gala, der Cosmopolitan, der Brigitte oder wo ich sonst noch so gerne herumblättere, reicht mir die Stylistin ein IPad. Hey, Ich freue mich sicher und denke: „oh wie modern!“ und fühle mich wertgeschätzt. Bestimmt ist das längst irgendwo schon Alltag. Nur bei meinem kleinen familiären Lieblingssalon eben nicht. Dort will ich mich entspannen und natürlich ordentlich verschönert werden. Während meine Blondierung einwirkt, lese ich eben relaxt in meiner Blondinenzeitung. Die doppelseitigen Hochglanzanzeigen geben mir Orientierung in meinem Frauenleben. Ich lerne welche Sonnenbrillen-Label angesagt sind, welchen Nagellack ich diesen Sommer auf Händen und Füßen ausführen werde, ob meine Handtaschen und Schuhe noch angesagt sind. Die großformatig aufgeklappte Zeitschrift in meinen Händen erlaubt auch mal einen Blick über die Schulter und ich kann mit meinen Geschlechtsgenossinnen über Flop-Models und die Botox-Pannen der Promis lästern. Dann freu ich mich über die Tasse Kaffee, die dann auch mal auf dem „Lesezirkel-Heft“ abgestellt werden kann. Schnell ein Eselsohr auf die Seite mit der neuen Sommermode, bevor meine Foliensträhnchen am benachbarten Waschbecken abgespült werden.
Also ganz ernst. Ich mag die gedruckte Version und das IPad kann gerne die Dauerwellenkundin am Nachbarplatz haben.
Wie kommt so ein herkömmliches Buch oder eine gedruckte Zeitung eigentlich im Ökovergleich weg? Sicher Papierproduktion ist auch ein Umweltthema, aber wie viel Ressourcen und Energie verbraucht eigentlich die Herstellung eines E-Readers oder eines Tablet-PC´s? Ich weiß es nicht. Im Lesebetrieb hat der konventionelle Lesestoff jedenfalls die energiesparende Nase vorn.
Punkten kann das E-Book in Punkto Gewicht. Da gehen eine Menge mehr Bücher in meine Handtasche. Ein großes Plus für Menschen die auf Reisen oder beim Pendeln viel lesen. Außerdem ist es schnell verfügbar. Wer ländlich wohnt und den Weg zum Buchladen oder die Warterei auf den Postboten scheut, hat so ein Buch ruckzuck aus dem Internet heruntergeladen.
Diese Überlegung führt mich zu meiner nächsten Frage: Wo und wie lese ich überhaupt? Z.B. in der Badewanne, da mach ich es mir gerne gemütlich. Ein Glas Rotwein und mein Buch. Selbst bei Literatur mit trockenem Sprachgebrauch könnten die Dampfschwaden in meinem Badezimmer zu feucht sein für den elektronischen Reader. Ich muss sogar zu meiner Schande eingestehen, dass ich schon mal ein Taschenbuch in der Wanne versenkt habe. War danach ein bisschen wellig, ließ sich aber problemlos trocknen und ich habe es sogar weiterverliehen.
Noch so ein Aspekt! Weiterverleihen, weitergeben, tauschen oder verschenken. Eine junge Amerikanerin die einige Zeit hier in Deutschland gelebt und gearbeitet hat, erzählte mir mal, dass sie es auf ihren beruflichen Reisen immer sehr geschätzt hat in den Hotels ein „Bookshelf“ mit den ausgelesenen Büchern der Reisenden vorzufinden. Der Hotelgast kann ein Buch mitnehmen und lässt ein Anderes dafür zurück. Auch eine Stück Buchkultur, dass sich bedauerlicherweise wandeln wird.
Wie verschenkt man eigentlich ein E-Book? Muss ich wissen welchen Reader (Marke/Modell) der Beschenkte verwendet? Wo er gerne einkauft? Vermutlich ist ein elektronisches Buchgeschenk nur als unpersönlicher E-commerce Gutschein möglich. Doch wenn ich mir ein wenig Gedanken über die zu beschenkende Person mache, dann kann gerade ein Buch – ein gedrucktes Buch – ein sehr persönliches Geschenk sein. Ich mache mir Gedanken über den Beschenkten und eventuell gebe ich auch etwas von mir Preis. Menschen, denen ich ein Buch schenke sind mir wichtig!
Meine neue Frisur will ausgeführt werden und mein frisch blondiertes Ich steuert ein schickes Café in der Innenstadt an. Mit kostenlosem WLAN Hotspot versteht sich. Dazu kleiner Snack und Latte Macchiato. Schnell checke ich meine Facebook-Nachrichten bevor ich mir eine der ausliegenden Lokalzeitungen schnappe. Das Tagesgeschehen und die lokalen Facts bekomme ich auf diese Weise am besten mit und auf keinen Fall lasse ich mir in den Sommermonaten die Fotogalerien des hiesigen Schützen-Adels entgehen. Nachdem ich mich tüchtig gegruselt habe, werfe ich dann schnell noch mal einen Blick auf mein smartes Phone. Facebook macht süchtig. Das gebe ich zu. „In“ ist wer „drin“ ist. Gleiches Motto wie auf der Wies’n. Per Facebook von München nach Frankfurt: Die Frankfurter Buchmesse postet einen Link der mich aufmerksam macht. Es geht um einen amerikanischen Modetrend: You are invited to attend a book exchange party. Oh cool, eine Buchtauschparty, wie altmodisch! Das mach ich mal nach.

Und während ich noch über ein Ende für diesen Blog nachdenke, browse ich noch ein bisschen durch mein Facebook…

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