Ich sitze in meinem Auto und höre
herrliche Radiocomedy. In dem Hörsketch fällt die Frage: „Wie kann man
stinkreich und gleichzeitig unglaublich beschäftigt wirken.“ Die Antwort: „Von
meinen IPhone gesendet.“ sollte als Zeile unter jeder Nachricht auftauchen.
„Nanu?“ denke ich.
Aber das ist doch schon Alltag.
Wir sind alle mit Smartphones unterwegs, senden jede Menge Textmessages durch
den Äther, kommunizieren und präsentieren uns in unseren Sozialen Netzwerken.
Posten unsere Standorte und leben in einer zunehmend digitalen Welt. Wir sind
weder stinkreich noch megawichtig. Es ist der Alltag von vielen. Geht das jetzt
immer so weiter? Wo sind die Limits?
Bin ich mit 41 Jahren ein
Dinosaurier, eine vom Aussterben bedrohte Art, weil ich meine Lektüre nicht
gerne auf dem E-Reader oder dem Tablet-PC lese? Oder glaube ich nur, dass ich
es nicht mag? Ich versuche es mir vorzustellen. Ganz echt. Ich sitze z. B. beim
Friseur und anstelle der Gala, der Cosmopolitan, der Brigitte oder wo ich sonst
noch so gerne herumblättere, reicht mir die Stylistin ein IPad. Hey, Ich freue
mich sicher und denke: „oh wie modern!“ und fühle mich wertgeschätzt. Bestimmt
ist das längst irgendwo schon Alltag. Nur bei meinem kleinen familiären
Lieblingssalon eben nicht. Dort will ich mich entspannen und natürlich
ordentlich verschönert werden. Während meine Blondierung einwirkt, lese ich
eben relaxt in meiner Blondinenzeitung. Die doppelseitigen Hochglanzanzeigen
geben mir Orientierung in meinem Frauenleben. Ich lerne welche
Sonnenbrillen-Label angesagt sind, welchen Nagellack ich diesen Sommer auf
Händen und Füßen ausführen werde, ob meine Handtaschen und Schuhe noch angesagt
sind. Die großformatig aufgeklappte Zeitschrift in meinen Händen erlaubt auch
mal einen Blick über die Schulter und ich kann mit meinen
Geschlechtsgenossinnen über Flop-Models und die Botox-Pannen der Promis
lästern. Dann freu ich mich über die Tasse Kaffee, die dann auch mal auf dem
„Lesezirkel-Heft“ abgestellt werden kann. Schnell ein Eselsohr auf die Seite
mit der neuen Sommermode, bevor meine Foliensträhnchen am benachbarten
Waschbecken abgespült werden.
Also ganz ernst. Ich mag die
gedruckte Version und das IPad kann gerne die Dauerwellenkundin am Nachbarplatz
haben.
Wie kommt so ein herkömmliches
Buch oder eine gedruckte Zeitung eigentlich im Ökovergleich weg? Sicher
Papierproduktion ist auch ein Umweltthema, aber wie viel Ressourcen und Energie
verbraucht eigentlich die Herstellung eines E-Readers oder eines Tablet-PC´s?
Ich weiß es nicht. Im Lesebetrieb hat der konventionelle Lesestoff jedenfalls
die energiesparende Nase vorn.
Punkten kann das E-Book in Punkto
Gewicht. Da gehen eine Menge mehr Bücher in meine Handtasche. Ein großes Plus
für Menschen die auf Reisen oder beim Pendeln viel lesen. Außerdem ist es
schnell verfügbar. Wer ländlich wohnt und den Weg zum Buchladen oder die
Warterei auf den Postboten scheut, hat so ein Buch ruckzuck aus dem Internet
heruntergeladen.
Diese Überlegung führt mich zu
meiner nächsten Frage: Wo und wie lese ich überhaupt? Z.B. in der Badewanne, da
mach ich es mir gerne gemütlich. Ein Glas Rotwein und mein Buch. Selbst bei
Literatur mit trockenem Sprachgebrauch könnten die Dampfschwaden in meinem
Badezimmer zu feucht sein für den elektronischen Reader. Ich muss sogar zu
meiner Schande eingestehen, dass ich schon mal ein Taschenbuch in der Wanne
versenkt habe. War danach ein bisschen wellig, ließ sich aber problemlos
trocknen und ich habe es sogar weiterverliehen.
Noch so ein Aspekt!
Weiterverleihen, weitergeben, tauschen oder verschenken. Eine junge
Amerikanerin die einige Zeit hier in Deutschland gelebt und gearbeitet hat,
erzählte mir mal, dass sie es auf ihren beruflichen Reisen immer sehr geschätzt
hat in den Hotels ein „Bookshelf“ mit den ausgelesenen Büchern der Reisenden
vorzufinden. Der Hotelgast kann ein Buch mitnehmen und lässt ein Anderes dafür
zurück. Auch eine Stück Buchkultur, dass sich bedauerlicherweise wandeln wird.
Wie verschenkt man eigentlich ein
E-Book? Muss ich wissen welchen Reader (Marke/Modell) der Beschenkte verwendet? Wo er gerne
einkauft? Vermutlich ist ein elektronisches Buchgeschenk nur als unpersönlicher
E-commerce Gutschein möglich. Doch wenn ich mir ein wenig Gedanken über die zu
beschenkende Person mache, dann kann gerade ein Buch – ein gedrucktes Buch –
ein sehr persönliches Geschenk sein. Ich mache mir Gedanken über den
Beschenkten und eventuell gebe ich auch etwas von mir Preis. Menschen, denen ich ein Buch schenke sind mir wichtig!
…
Meine neue Frisur will ausgeführt
werden und mein frisch blondiertes Ich steuert ein schickes Café in der
Innenstadt an. Mit kostenlosem WLAN Hotspot versteht sich. Dazu kleiner Snack
und Latte Macchiato. Schnell checke ich meine Facebook-Nachrichten bevor ich
mir eine der ausliegenden Lokalzeitungen schnappe. Das Tagesgeschehen und die
lokalen Facts bekomme ich auf diese Weise am besten mit und auf keinen Fall
lasse ich mir in den Sommermonaten die Fotogalerien des hiesigen Schützen-Adels
entgehen. Nachdem ich mich tüchtig gegruselt habe, werfe ich dann schnell noch
mal einen Blick auf mein smartes Phone. Facebook macht süchtig. Das gebe ich
zu. „In“ ist wer „drin“ ist. Gleiches Motto wie auf der Wies’n. Per
Facebook von München nach Frankfurt: Die Frankfurter Buchmesse postet einen
Link der mich aufmerksam macht. Es geht um einen amerikanischen Modetrend: You
are invited to attend a book exchange party. Oh cool, eine Buchtauschparty, wie altmodisch! Das mach ich mal nach.
Und während ich noch über ein
Ende für diesen Blog nachdenke, browse ich noch ein bisschen durch mein
Facebook…
Nur nicht schüchtern! Ich freue mich über JEDE Kritik!
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