Sonntag, 26. August 2012

dOCUMENTA (13) - Ein Selbstversuch



Wikipedia: Das Wort Kunst bezeichnet im weitesten Sinne jede entwickelte Tätigkeit, die auf Wissen, Übung, Wahrnehmung, Vorstellung und Intuition gegründet ist.(Heilkunst, Kunst der freien Rede). Im engeren Sinne werden damit Ergebnisse gezielter menschlicher Tätigkeit benannt die nicht eindeutig durch Funktionen festgelegt sind. Kunst ist ein menschliches Kulturprodukt, das Ergebnis eines kreativen Prozesses.



documenta (13)  -  Ein Selbstversuch 


Freitagnachmittag kamen so die üblichen Fragen der Kollegen: „Und? Hast Du was Schönes vor am Wochenende?“ Mit einem freudestrahlenden „Ja!“, tat ich kund, dass mein Gatte und ich die documenta (13) besuchen würden.“ Mein Überschwang wurde dann jeweils mit einem bedauernden „oh“ oder „ach, so“ quittiert. Stets klang etwas Mitleid oder Desinteresse in den Reaktionen mit. Aussagen wie: „Da bin ich früher mit der Schule schon mal gewesen“ gaben mir zu verstehen, dass das Erlebnis für einen Wiederholungsbesuch offenbar nicht positiv genug war. Egal, ich freute mich.
Auf dem Weg nach Kassel beschlich mich dann doch so eine Unsicherheit, dass wir als „interessierte Volllaien“ vielleicht mit dem Angebot der modernen Gegenwartskunst überfordert sein würden? Es gab keine besondere Vorbereitung und wir hatten uns auch keiner fachkundigen Führung angeschlossen. Wir wollten die Kunst einfach so erleben und entdecken – geht das überhaupt? Mit dem Vorsatz aufgeschlossen die documenta zu erforschen, mussten wir erst mal die üblichen Standardhürden überwinden. Ticket kaufen, Schlange stehen, Taschenkontrolle, Tasche zu groß, Tasche wegschließen, etc.
Als wir endlich im Inneren des Fridericianum anlangten, erwischte uns die befürchtete Orientierungslosigkeit. Auf dem Weg zur Toilette, fanden wir dann durch Zufall eine in das Gebäude integrierte Pyramide. Für uns war es nur ein bisschen schräger Beton, aber glücklicherweise hallten die Wortfetzen einer fachkundigen Führerin herüber.
Von hier aus schlugen wir uns zur Rotunde durch, um leider festzustellen, dass uns schon wieder eine Besucherschlange von dem ungehemmten Zutritt zur Kunst abhielt! Schlange vor dem Eingang; Schlange auf der Toilette; Schlange stehen für die Kunst? Wollte ich das? Nicht so wirklich.
Dummerweise waren wir im Vorfeld zu geizig um einen dicken fetten Ausstellungskatalog zu erwerben. Auch wenn er den Andrang nicht verringert hätte, war das vermutlich ein Fehler.

Die Sonne schien wundervoll und auf dem Friedrichsplatz herrschte irgendwie so eine Art EXPO-Feeling. Kurz entschlossen entschieden wir uns für Plan B. Die große Menschenschlange vor der Documenta-Halle ließen wir links liegen und wanderten hinab zur Karlsaue. Anhand der folgenden Bilder will ich den Tag noch mal Revue passieren lassen. 
Gleich am Anfang in der Karlsaue empfing uns die Skulptur " Ansichten eines Steines". Der intalienische Künstler Guiseppe Penone schuf eine Bronzeskulptur, die nur durch Anfassen und drauf klopfen von einem "echten" abgestorbenen Baum zu unterscheiden ist.



In der Orangerie erlebten wir mein persönliches Highlight: Der finnische Filmemacher Mika Taanila (geb. 1965) überraschte uns mit einem meisterlich inszeniertem filmischen Triptychon über den Bau eines Atomkraftwerkes. Experimentell und dokumentatorisch zugleich, führt er uns vor Augen, wovon unsere Zivilisation letztendlich abhängt. 
Film:
http://www.youtube.com/watch?v=kYL65CrcEyE





In der Karlsaue:


Häuschen jeder Art, fanden wir einige auf dem Documenta-Gelände. "Das mexikanisch-russische Künstlerduo Julieta Aranda und Anton Vidokle (geb.1975/geb.1965) stellt sein Langzeitprojekt "Time/Bank" vor, eine Plattform zum Tausch von Waren und Dienstleistungen ohne Geld. Mit den Parametern Zeit und Fähigkeit als Währung bietet es eine Mikroökonomie für den Kulturbereich." (Quelle: art, Das Kunstmagazin Juni 2012)



Nur ein paar Stationen weiter:
Mexikanischer Künstler Pedro Reyes bietet Therapien in der Karlsaue:

Ein Kunstprojekt, dass uns sehr erheitert hat. An einer Rezeption, hingen Arztkittel und Utensilien für dieses performative Unterfangen. Ein Hinweis auf den Zuwachs schwerwiegender psychischer Erkrankungen in unserer Gesellschaft? Ernster Hintergrund in spaßiger Verpackung

...

Am späten Nachmittag hatte sich die Schlange vor der Documenta-Halle gücklicherweise verlaufen und wir haben hier auch noch einige künstlerische Impressionen gewonnen. Richtig schön eindrucksvoll fand ich persönlich auch das Bilderprojekt des chinesischen Malers Yan Lei (Geb. 1965). In einem separaten Raum hängen Bilder die an 360 Tagen gefertigt wurden. Während der Documenta werden die Motive nun nach und nach einfarbig überlackiert und die Bilderflut verschwindet bis zum Ende der Kunstausstellung.





Abschließend unsere übrigen Eindrücke in Bildform zusammengefasst:
Flugzeugbild: Thomas Bayerle / Etel Adnan (ohne Titel) / Afrikanische Freiluftinstallation





Das raumhohe Flugzeugbild, welches aus vielen kleinen Flugzeugbildern zusammengesetzt ist, ist ein Werk des 74 Jahre alten Thomas Bayerle. Documenta-Leiterin Carolyn Christov-Bakargiev sieht in dem Künstler: " einen wahren Revolutionär, der unbeirrt und konsequent die Malerei und unsere Wahrnehmung von Form und Bedeutung verändert hat."

So weit so gut, bis zur nächsten documenta in 5 Jahren am 09.Juni 2017!!


Caroline Schultz




2 Kommentare:

  1. Aufgeschlossen sein hilft sicher beim documenta Besuch, aber trotzdem schleicht sich - zumindest bei mir - immer mal wieder so ein "Ist das Kunst, oder kann das weg"-Gefühl ein. Liegt aber sicher daran, dass ich eben nicht zu jedem Kunstwerk, auch wenn ich es verstehe, Zugang finde. Ich erinnere mich aber immer noch an jeweils mindestens ein Werk meiner bisherigen documenta Besuche - das ist doch schonmal was! Vielen Dank für deinen authentischen Bericht - ich warte gespannt auf mehr!!
    Herzlichst, Tina

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  2. Kunst muss jeden persönlich erreichen, da gebe ich Dir in jedem Fall recht. Und jeder erlebt etwas anderes als Kunst und mit Kunst. Wir hatten natürlich auch das "kann weg" Gefühl. Ganz stark sogar als wir in einem dunklen Raum mit einem schräg pfeifenden Querflötenton waren! Schnell raus, war mein einziger Gedanke.
    Aber ich glaube auch in der Kunst sind Gegenpole einfach wichtig. Wie sollen wir etwas als "großartig" erleben, wenn es nicht auch das "Mäßige" oder "Verzichtbare" gibt? Was ich sagen will: Damit es Licht geben kann, muss zuvor Dunkelheit sein.
    Liebe Grüße, Deine Caroline

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